Wirklich neu war die Idee zu der Serie von Julian Fellows beileibe nicht, wenn man bedenkt, dass es mit Das Haus am Eaton Place bereits eine vergleichbare Serie gab, die die Schicksale von Aristokraten und ihren Dienstboten in den ersten drei Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts beleuchtet hat und die zu den erfolgreichsten Produktionen der frühen Siebzigerjahre zählte. Im Original hieß sie Upstairs, Downstairs. Gesehen habe ich sie leider nie, obwohl Wiederholungen wahrscheinlich immer noch in irgendwelchen Spartensendern laufen könnten.
Downton Abbey greift das Konzept auf und bringt behutsam heutige Themen wie weibliche Emanzipation oder Homosexualität in die Geschichten ein, ohne dabei historisch unkorrekt zu werden. Vor allem aber die liebevoll gezeichneten Figuren haben dazu beigetragen, dass die Produktion eine der beliebtesten Serien aller Zeiten wurde – und sogar den Sprung auf die große Leinwand geschafft hat.
Nun ist der zweite Kinofilm in den Lichtspielhäusern zu sehen, und ich war natürlich mit von der Partie.
Downton Abbey II: Eine neue Ära
Violet Crawley (Maggie Smith) verkündet ihrer erstaunten Familie, dass sie eine Villa in Südfrankreich geerbt hat – von einem früheren Verehrer. Gleichzeitig meldet der Filmregisseur und Produzent Jack Barber (Hugh Dancy) Interesse an, den Landsitz der Crawleys für Dreharbeiten zu mieten. Da Geld bekanntlich nicht stinkt und das Dach neu gedeckt werden muss, nehmen Lady Mary (Michelle Dockery) und ihr Vater (Hugh Bonneville) das Angebot an. Um der lästigen Filmcrew aus dem Weg zu gehen und die Erbschaftsangelegenheiten in Frankreich zu regeln, reist ein Großteil der Familie auf den Kontinent.
Der Film, man muss es gleich vorweg so deutlich sagen, ist ausschließlich auf die Kenner der Serie zugeschnitten und für jeden, der nicht mindestens ein paar Staffeln derselben gesehen hat, nicht geeignet. Im ersten Kinofilm hat Julian Fellowes sich wenigstens noch bemüht, die komplexen verwandtschaftlichen Beziehungen und vorangegangenen biografischen Brüche und Entwicklungen nachzuvollziehen, in der Fortsetzung verzichtet er jedoch auf jedwede Erklärungen.
Wer die Serie jedoch kennt, kommt hier erneut voll auf seine Kosten. Im Mittelpunkt stehen einige der beliebtesten Figuren, insbesondere Lady Mary, die unter der ständigen Abwesenheit ihres Gatten leidet und sich zu Jack Barber hingezogen fühlt, Lord Grantham, dem in Frankreich Zweifel an der Legitimität seiner Herkunft kommen und der zudem mit dem baldigen Ableben seiner Mutter konfrontiert wird. Doch die Darstellung dieser existenzielle Krise, die noch durch eine weitere potentielle Hiobsbotschaft (unnötigerweise) verstärkt wird, geht im allgemeinen Getöse beinahe unter.
Ein bisschen aufgesetzt wirkt auch der Handlungsstrang, der sich mit den Dreharbeiten auf Downton Abbey beschäftigt und der historisch nicht so korrekt ist wie man es von den Machern erwarten sollte. In erster Linie dient dieser Part vermutlich als komödiantischer Ausgleich zum Drama, das sich daneben entfaltet, aber so richtig warm wird man damit trotz einiger schöner Einfälle leider nicht.
Julian Fellowes selbst hat seine Serie einmal als Seifenoper bezeichnet, und tatsächlich lassen verschiedene Handlungselemente diesen Schluss durchaus zu, obwohl selbst er nicht so weit gehen würde, verstorbene Figuren durch plötzlich auftauchende Zwillinge wiederzubeleben. Aber manche Entwicklungen sind, sagen wir mal, nur mit Mühe glaubwürdig, und mindestens zweimal kopiert der Autor auch einfach einen Handlungsstrang aus der Serie und hofft, die Fans mögen es übersehen oder ihm wenigstens verzeihen.
Das tut dem Spaß aber keinen Abbruch. Wie gesagt, es geht allein um die liebgewordenen Figuren, die man wiedertrifft, um sich zu informieren, wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen ist. Manche Schicksal erfüllen sich, und einige Figuren verlassen die Welt von Downton Abbey für immer. So beginnt der Film mit einer Hochzeit und endet mit einer Beerdigung und der tröstlichen Erkenntnis, dass Generationen kommen und gehen, die Familie aber bestehen bleibt.
Das klingt wie das vage Versprechen auf eine Fortsetzung, die jedoch noch lange keine beschlossene Sache ist und in erster Linie vom Einspiel in den USA abhängen wird. Angesichts der wild bewegten Vergangenheit der alten Lady Crowley wäre eine Prequel-Serie aber auch eine interessante Alternative. Gerüchteweise soll auch die Idee zu einem Crossover mit The Gilded Age, Fellowes amerikanischem Downton Abbey, im Raum stehen, da diese jedoch rund vierzig Jahre früher spielt, würden auch nur die jüngeren Versionen einiger Figuren auftauchen können.
Alles in allem ist der zweite Film ein Schmankerl für die Fans, in dem leider nicht alle Figuren so viel Raum einnehmen, wie man es sich wünschen würde. Einige erhalten einen würdigen Abschied, andere wie der schwule Butler Barrow (Robert James-Collier) werden ein bisschen lieblos hinausgeschrieben. Aber das passiert eben, wenn man ein viel zu großes (Serien-)Ensemble bedienen muss. Irritierend sind zudem die geänderten Synchronstimmen bei einigen Schauspielern.
Note: 2-