The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt

Sandra Bullock hat eine Karrierepause angekündigt, um sich verstärkt um ihre Familie zu kümmern. Vielleicht war sie aber auch unzufrieden mit den ihr angebotenen Drehbüchern, so wie Julia Roberts, die unlängst verriet, dass sie nur aus diesem Grund keine romantischen Komödien mehr gedreht hat. So viele Gelegenheiten, Sandra Bullock auf der großen Leinwand zu sehen, gibt es also nicht mehr, Grund genug, sich ihren jüngsten Film anzuschauen.

Der Trailer zum Film versprach zudem ein nettes, eskapistisches Abenteuer à la Die Jagd nach dem grünen Diamanten, und manchmal ist es genau das, was man an bestimmten Tagen braucht. Deshalb geht es diese Woche weniger um Kunst, sondern um Zerstreuung der unterschiedlichsten Art.

The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt

Loretta Sage (Sandra Bullock) ist eine erfolgreiche Autorin von Liebesromanen, in denen ein weiblicher Indiana Jones mit einem männlichen Begleiter Abenteuer erlebt. Jedes Cover ziert ein Bild von Alan (Channing Tatum), der es damit selbst zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Doch Loretta will die Serie beenden, was einen Streit mit Alan nach sich zieht, der sich von ihr nicht ernstgenommen fühlt. Als der exzentrische Milliardär Abigail Fairfax (Daniel Radcliffe) Loretta entführt, weil sie in ihrem jüngsten Buch einen echten Hinweis auf eine versunkene Stadt und einen dort versteckten Schatz preisgegeben hat, macht Alan sich auf, sie zu retten. Hilfe bekommt er dabei von dem Abenteurer Jack (Brad Pitt).

Der Film, man kann es so direkt sagen, ist pure Unterhaltung ohne jeden sittlichen Mehrwert. Also nicht viel anders als die Liebesromane mit den halbnackten Männern auf dem Cover, die spärlich bekleidete, sie anschmachtende Damen in den Armen halten, Bücher, die man früher im Bahnhofsbuchhandel oder am Flughafen gesehen hat und die vor allem von Frauen gelesen wurden. Ich habe keine Ahnung, ob es sie noch gibt oder ob sie der Fanfiction und ihren Ableitungen zum Opfer gefallen sind. Also Büchern wie Fifty Shades of Grey.

Als Abenteuerkomödie funktioniert die wenig originelle Story jedenfalls vorzüglich – wenn man etwas guten Willen mitbringt. Die Parallelen zu Die Jagd nach dem grünen Diamanten sind unverkennbar und offenbar auch gewollt, in beiden Fällen geht es um erfolgreiche Autorinnen, die mit ihrem männlichen Partner Pretiosen nachjagen. Doch The Lost City ist mehr eine Parodie dieses Plots, weshalb der von Brad Pitt dargestellte Abenteurer, der an die markige, ebenfalls Jack benannte Michael Douglas-Figur angelehnt ist, nur eine Nebenrolle spielt und durch einen neuen Männertypus ersetzt wurde. Alan ist ein metrosexuelles, feministisches Weichei im durchtrainierten Macho-Körper, ein netter Typ, aber kein bisschen bedrohlich, draufgängerisch oder selbstbewusst.

Man hätte aus dieser Paarung, noch dazu bei einer starken, aber verkorksten weiblichen Hauptfigur wie Loretta, einer Akademikerin, die sich für den Erfolg schämt, den sie mit ihrer niveaulosen Schreiberei hat, eine wunderbare Geschlechterkomödie machen können. Aber dazu geht das Buch von Oren Uziel, Dana Fox, Adam Nee (nach einer Idee von Seth Gordon) nicht genug in die Tiefe. Stattdessen trauert Loretta um ihren viel zu früh verstorbenen Mann und hält Alan für einen oberflächlichen, ungebildeten Schönling, nur im Verlauf der Geschichte seine sanfte, fürsorgliche Art zu entdecken und sich – natürlich – in ihn zu verlieben. Das funktioniert, nur glaubt man nicht, dass diese Beziehung länger als bis zur Rückreise in die USA halten wird.

Eine schwache Liebesgeschichte ist aber nicht das einzige Manko des Films. Auch der Humor kommt etwas zu kurz, obwohl es einige witzige Momente gibt, die jedoch leider allesamt im ersten Drittel platziert sind. In der zweiten Hälfte geht dem Film zudem das Tempo aus, und der Showdown, so zufriedenstellend er ist, hätte etwas mehr Spektakel vertragen können.

Alles in allem ein solides Starvehikel, nicht sonderlich originell, aber unterhaltsam genug für einen vergnüglichen Abend.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.