Vor einiger Zeit habe ich die dritte Staffel von Titans anschauen wollen. Die erste hatte mir damals gefallen, die zweite war gerade noch okay, bei der dritten bin ich jedoch ständig eingeschlafen, so dass ich sie nach vier Folgen abgebrochen habe. Nur eine Sache ist mir in Erinnerung geblieben: Batman (Iain Glen) wird zum Mörder. Das war in der Tat ein Tabubruch, da der selbsternannte Rächer sich selbst auferlegt hat, niemals zu töten (oder eine Schusswaffe zu benutzen).
Als nun The Batman mit dem drölfzigsten Darsteller des Fledermausmanns erschien, war ich nicht sonderlich neugierig auf den Film, von dem es zudem hieß, dass er so dunkel sei, dass man ohnehin nicht viel erkennen könne. Mit einer Laufzeit von knapp drei Stunden ist es außerdem nicht einfach, einen solchen Film in den Tagesablauf einzubinden. Letzten Endes bin ich aber froh, ihn doch noch im Kino gesehen zu haben, denn auf der großen Leinwand entfalten die Bilder erst ihre volle Wirkkraft, und man erkennt mit Sicherheit auch mehr als auf dem Fernsehschirm.
The Batman
Auf dem Höhepunkt seiner Wiederwahlkampagne wird Bürgermeister Mitchell (Rupert Penry-Jones) vom Riddler (Paul Dano) brutal ermordet. Der mit der Aufklärung des Falls betraute Lieutenant James Gordon (Jeffrey Wright) bittet Batman (Robert Pattinson) hinzu, was bei seinen Vorgesetzten allerdings nicht auf Zustimmung stößt. Gemeinsam lösen die beiden jedoch die Rätsel, die der Mörder hinterlassen hat, und stoßen dabei auf eine großangelegte Verschwörung …
Wird eine Gesellschaft von einem Übermaß an Kriminalität und Verbrechen heimgesucht und erscheint die Staatsmacht gleichzeitig hilflos und korrupt, schlägt die Stunde mutiger Bürger mit einem starken moralischen Kompass, die in Eigenverantwortung für Recht und Ordnung, manchmal sogar für Gerechtigkeit sorgen. Robin Hood war, zumindest in der westlichen Kulturgeschichte, vermutlich der erste Rächer dieser Art, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts kamen dann noch zahllose weitere fiktive Figuren hinzu.
Interessanterweise knüpft The Batman dort wieder an, wo die Figur ihren Ursprung hat: den Detective Comics. Diese Anthology-Serie, die 1937 entstand, bestand aus jeweils abgeschlossenen Kriminalgeschichten mit einem Ermittler, meistens einem Privatdetektiv, als zentraler Figur. Zwei Jahre später tauchte Batman das erste Mal auf und riss durch seinen großen Erfolg bald die gesamte Serie an sich, und aus Detective Comics wurde kurz D.C. Übrigens hieß die Figur in den Comics ursprünglich tatsächlich The Batman, erst später wurde der Artikel weggelassen. Insofern kehrt man mit dem jetzigen Filmtitel zu den Wurzeln zurück.
Batman (Bruce Wayne spielt eigentlich keine eigene Rolle) arbeitet also wieder als Ermittler und versucht, einen Serienmörder zu finden, der es auf korrupte Männer in Machtpositionen abgesehen hat. Dabei wird es später sogar sehr persönlich, denn auch Waynes eigener ermordeter Vater hat eine Leiche im Keller. Warum der Riddler aber Bruce für die Sünden seines Vaters bestrafen will, passt nicht zu seinen etablierten Motiven. Da hätten sich die Autoren Matt Reeves und Peter Craig etwas Besseres einfallen lassen müssen.
Als Thriller funktioniert der Film dennoch über weite Strecken gut. Der Mörder schickt die Ermittler auf eine Schnitzeljagd, bei der er ihnen immer einen Schritt voraus ist. Rätselspannung kommt dabei allerdings nicht auf, weiß man doch von Anfang an, dass der Riddler hinter allem steckt, und auch die von ihm gestellten Denksportaufgaben werden viel zu schnell von einem smarten Batman gelöst.
Interessanter gestaltet sich die Jagd auf einen Spitzel in der Unterwelt von Gotham. Auch hier tauchen bekannte Gesichter wie der Pinguin (Colin Farrell ist unter Tonnen von Latex nicht wiederzuerkennen) oder Falcone (John Turturro) auf. Und es gibt ein Wiedersehen mit Catwoman (Zoë Kravitz), die dem Fledermausmann glatt die Show stiehlt. Sogar eine Romanze deutet sich an, scheitert aber an einem ausgebrannten, desillusionierten Batman, der anscheinend seine Antidepressiva vergessen hat.
Dank dieser gelungenen Darstellungen fällt nicht weiter ins Gewicht, dass sich die Story vor allem in der ersten Hälfte ziemlich in die Länge zieht. Die Ermittlungen laufen nur schleppend an, und abgesehen von einer wirklich gelungenen Verfolgungsjagd gibt es nur ein etwas müdes Finale und ein paar zünftige Prügelleien für die Actionfans. Das ist leider viel zu wenig für einen Film dieser Länge.
The Batman ist eine Geschichte über verlorene und verstoßene Kinder. Bruce Wayne leidet unter dem Trauma, die Ermordung seiner Eltern mitangesehen zu haben (was zum Glück nicht schon wieder gezeigt wird). Catwoman will sich an ihrem Vater, der sie verleugnet hat, für den Tod ihrer Mutter rächen, und selbst der Riddler ist in einem Waisenhaus aufgewachsen. Sie alle haben Probleme damit, ihre Identität zu akzeptieren oder zu finden, weshalb sie sich hinter Masken verstecken. Und in der Art, wie Bruce Wayne den traumatisierten Sohn des ermordeten Bürgermeisters ansieht, ahnt man, dass hier wohl die nächste Generation heranwächst.
Als musikalisches Leitmotiv dient das zu Beginn gespielte Ave Maria von Franz Schubert, das verzweifelte Flehen um Gnade und Barmherzigkeit, das in verschiedenen Varianten immer wieder zu hören ist. Passend zelebriert Regisseur Matt Reeves dazu eine Bildersinfonie in Schwarz und Grau und setzt die Stadt Gotham als Sündenpfuhl und Marterplatz in Szene, die entweder durch eine vernichtende Flut reingewaschen werden oder durch göttliche Gnade errettet werden kann. So erlebt Batman eine charakterliche Wandlung von einem in der Dunkelheit lauernden dämonischen Rächer zu einem barmherzigen Engel, der die Gequälten ins Licht eines neuen Morgens führt. Man darf gespannt sein, wie diese Entwicklung in den geplanten beiden Fortsetzungen weitergeht.
Alles in allem ein solider Film mit einer starken Bildsprache und guter Figurenzeichnung, aber auch einer schwachen Story mit einigen Längen und zu wenig Action.
Note: 3