Menschen mit Behinderungen, psychischen bzw. kognitiven Problemen oder tödlichen Krankheiten, die eine Reise unternehmen, gehören inzwischen zu den beliebtesten Figuren im Road Movie-Genre. Das ist grundsätzlich völlig in Ordnung, nur hat man inzwischen das Gefühl, als gäbe es inzwischen zu viele Filme dieser Art.
Einen davon habe ich mir kürzlich bei Prime Video angesehen:
The Penaut Butter Falcon
Zak (Zack Gottsagen) ist ein junger Mann mit Down-Syndrom, der von den Behörden in einem Altersheim untergebracht wurde und davon träumt, Profi-Wrestler zu werden. Eines Tages gelingt ihm dank der Hilfe seines Zimmernachbarn (Bruce Dern) die Flucht, und die Betreuerin Eleanor (Dakota Johnson) erhält den Auftrag, ihn wieder zurückzubringen. Zak versteckt sich auf dem Boot von Tyler (Shia LaBeouf), der seit dem Tod seines Bruders (Jon Bernthal) die Orientierung verloren und sich mit den falschen Leuten angelegt hat. Bald ist er genauso auf der Flucht wie Zak …
Ein Tunichtgut und ein junger Mann mit Behinderung ist für diese Art von Film die ideale Hauptrollen-Paarung. Road Movies sind immer auch eine Reise der Figuren zu sich selbst, und so lernt man Tyler zunächst von einer eher unangenehmen Seite kennen. Er bestiehlt zwei Krabbenfischer, die die Lizenz seines verstorbenen Bruders gekauft haben, und zerstört sogar ihr Equipment. Da die Geschichte in den Südstaaten spielt, sinnen die beiden natürlich auf Rache und nehmen die Verfolgung auf.
Tyler verbündet sich mit Zak auch nicht, weil er ihn auf Anhieb für einen tollen Kerl hält, sondern Mitleid mit ihm hat. Erst als er entdeckt, dass er genauso auf der Flucht ist, kommen die beiden sich näher. Das wird, ähnlich wie in Rain Man, schön und vor allem erstaunlich nüchtern erzählt. Wo der Film mit Tom Cruise und Dustin Hoffman gelegentlich noch auf die Tränendrüse drückte, ist die Geschichte von Tyler Nilson und Michael Schwartz recht unsentimental, gerade nüchtern. Romantisch eingefärbt sind eher die Bilder des Kameramanns Nigel Bluck, der den Trip wie die Flussabenteuer von Tom Sawyer erscheinen lässt.
So gut die darstellerischen Leistungen auch sind, die Story selbst ist leider reichlich dünn. Natürlich wird Tyler eine traumatischen Vergangenheit angedichtet (heutzutage scheint eine Figur ohne die nicht mehr komplett zu sein), die jedoch für die Gegenwart keine Rolle spielt und auch nicht aufgearbeitet wird. Aus Angst vor zu viel Sentimentalität wird hier leider auf das größte Potential der Geschichte verzichtet, was übrigens auch für die angedeutete Liebesgeschichte zwischen Tyler und Eleanor gilt.
Wer erwartet, dass wenigstens Zaks Story in Richtung eines Cheerie Movies geht, wird zumindest ansatzweise mit einigen kuriosen und stellenweise amüsanten Momenten belohnt. Aber all das erfolgt leider viel zu spät und wirkt in seiner Unbeholfenheit wie aus einem anderen Film.
Trotz guter Ansätze und toller Darsteller kann der Film insgesamt nicht recht überzeugen, er ist zwar anrührend, traut sich aber nicht, sein emotionales Potential auszuschöpfen, weckt immer wieder Erwartungen, die er dann nicht erfüllt, und droht unterwegs ständig in Belanglosigkeit zu versanden.
Note: 3-