My All*American – Die Hoffnung stirbt nie

Heute ist Valentinstag, eine große Sache in den USA, bei uns eher weniger, auch wenn die Floristen und Chocolatiers sich nach Kräften bemühen, das zu ändern. Traditionen lassen sich leider nicht so einfach verpflanzen oder künstlich kreieren. Dennoch hätte ich heute gerne eine Romantische Komödie vorgestellt, doch Marry Me habe ich nicht im Kino gesehen, und auf meiner Watchlist findet sich zurzeit auch keine.

Aber gestern wurde der Superbowl ausgetragen. Tatsächlich habe ich mir dieses Sportevent, das von vielen Amerikanern wie ein zusätzlicher Feiertag zelebriert wird, vor vielen Jahren einmal zusammen mit Freunden im Fernsehen angesehen. Doch da ich mich für Sport im Allgemeinen und für uramerikanische Sportarten wie Baseball und Football im Besonderen nicht interessiere, war es ein recht überschaubares Vergnügen (das begleitende Essen war gut, glaube ich).

Dafür mag ich Cheerie Movies umso mehr, weshalb ich mir tatsächlich einen Sportfilm angesehen habe, der von einer Football-Legende handelt, von der ich noch nie gehört habe. Der Trailer hat mir gut gefallen, aber um angemessen über den Film schreiben zu können, muss ich leider das Ende verraten. Wer schon mal von Freddie Steinmark gehört hat, wird nicht überrascht sein, für alle anderen, die sich seine Geschichte ansehen möchte, ohne zu viel über ihn zu wissen, gilt: Lesen auf eigene Gefahr.

Und der deutsche Untertitel passt auch irgendwie zum Valentinstag …

My All*American – Die Hoffnung stirbt nie

Freddie Steinmark (Finn Wittrock) wollte sein ganzes Leben lang nur Football spielen. Am Ende seiner High-School-Zeit hofft der talentierte Sportler deshalb auf ein Stipendium von seinem Lieblingscollege, doch er erhält nur Absagen, weil er für einen Profispieler zu klein ist. Doch eines Tages wird er zusammen mit dem Quarterback seines Teams zur University of Texas eingeladen, und Coach Royal (Aaron Eckhart) macht den beiden jungen Männer ein Angebot …

Über weite Strecken ist der Film wie die Verkörperung des amerikanischen Traums: Ein junger Mann aus einfachen Verhältnissen realisiert seine Träume, weil er fest an sich glaubt, hart arbeitet und eine Menge Gottvertrauen besitzt. Tatsächlich sieht Freddie aus wie ein amerikanischer Posterboy der Konservativen: blond, athletisch, mit breitem, gewinnendem Lächeln und einer hübschen Freundin (Sarah Bolger) am Arm. Er geht sogar jeden Tag in die Messe.

Für einen jungen Mann ist das ungewöhnlich, sogar noch Ende der Sechzigerjahre, als die Hippies bereits gegen den Vietnamkrieg protestierten und ihre Haare immer länger wurden. Doch Freddie ist kein Moralist, kein Streber oder Frömmler, sondern ein in sich ruhender, freundlicher junger Mann, der bei seinen Freunden beliebt ist und mit dem sich auch sein Coach immer wieder gerne unterhält. Schnell wird Freddie zur Seele der Mannschaft, weil er mit seiner Art den Zusammenhalt stärkt und darüber hinaus auch ein sportliches Vorbild ist.

Als er in Texas zu spielen beginnt, steckt das Team in einer Krise und verliert ein Spiel nach dem anderen. Erst als Royal den Quarterback austauscht, Freddie zur Speerspitze der Verteidigung macht und neue Strategien entwickelt, beginnt die Mannschaft eine Siegesserie, die schließlich im Gewinn der nationalen Meisterschaft der Colleges gipfelt. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms ereilt Freddie jedoch ein schwerer Schicksalsschlag: Er erkrankt an Krebs und hat nicht mehr lange zu leben.

Wie in Million Dollar Baby wandelt sich der Film, der bis dahin ein reines Sportdrama und Cheerie Movie ist, an dieser Stelle zum Melodram. Der Genrewechsel erfolgt nicht so abrupt und vollständig wie in Eastwoods Film, verändert aber die Tonalität vollkommen. Als Cheerie Movie funktionieren die ersten zwei Drittel tadellos, auch wenn etwas zu viel Wert auf die jeweiligen Spiele gelegt wird. Man muss Regisseur Angelo Pizzo, der auch das Drehbuch schrieb, immerhin zugutehalten, dass er die Spielszenen ungemein packend und sogar für einen Laien leicht verständlich inszeniert sind. Es gibt nur zu viele davon.

Jenseits des Footballfelds passiert leider bemerkenswert wenig. Freddies Beziehung zu seiner Freundin Linda ist ungetrübt und völlig konfliktfrei, es gibt keine Konkurrenzkämpfe innerhalb der Mannschaft und bis zu seiner Erkrankung auch sonst kaum Widerstände. Vermutlich blieb Pizzo daher nichts anderes zur Spannungsgestaltung übrig, als auf die Wettkämpfe zu setzen.

Dabei kommt der Mensch Freddie leider zu kurz. Man erahnt, dass er ein charismatischer Mann ist, der von allen gemocht wird, aber man hätte auch gerne einen Blick auf den privaten Freddie geworfen. Selbst später, wenn er bereits krank ist und um sein Schicksal weiß, konzentriert sich Pizzo nur darauf, wie Freddie es trotz widriger Umstände schafft, zu einem wichtigen Spiel seiner Mannschaft zu gelangen. Pizzo betreibt Legendenbildung, die beinahe an Heiligenverehrung grenzt, schließlich ist Freddie seit Jahrzehnten ein in vielen Büchern und Filmen gewürdigter Held, eine Inspiration für Generationen, aber dahinter verschwindet leider der Mensch mit seinen Ängsten und Zweifeln.

In der Summe bleibt ein gemischter Eindruck zurück. Einerseits ist der Film ein packendes Sportdrama, das vom Aufstieg einer Mannschaft handelt, andererseits ein, zumindest im letzten Drittel, bewegendes Melodram über einen unheilbar kranken Athleten, dessen Mut und Kampfbereitschaft für viele inspirierend ist. Doch ebenso wie der Blick auf die Zeit und die damaligen gesellschaftlichen Umwälzungen fehlt, fehlt auch der Blick auf den Menschen hinter der Legende.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.