Die Fantomas-Romane waren von Anfang an ein großer Erfolg, was damals nicht automatisch eine Filmadaption nahegelegt hat. Dennoch gelang den Abenteuern um den Superschurken bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung der ersten Bücher der Sprung auf die große Leinwand: 1913/14 erschien eine fünfteilige Serie, deren Einzelfilme bis zu 90 Minuten lang waren und die zu den erfolgreichsten Produktionen jener Zeit gehört. Es ist wirklich erstaunlich, in welchem Tempo damals sowohl die Romane als auch die Filme hergestellt wurden.
Auch international scheinen die Geschichten auf ein interessiertes Publikum gestoßen zu sein. Ein paar Jahre später entstand unter dem Titel Phantomas nämlich eine 16-teilige deutsche Serie von Kinofilmen, gefolgt von einer 20-teiligen US-Version und weiteren Einzelverfilmungen. Sogar nach der berühmten Sechzigerjahre-Trilogie wurde 1980 noch eine deutsch-französische Mini-Serie mit vier Teilen fürs Fernsehen unter der Regie von Claude Chabrol gedreht.
Mark G. meint daher, dass die Zeit für ein neues Reboot mehr als reif sei. Arsène Lupin hat ja bereits vorgemacht, wie eine zeitgenössische Neuinterpretation aussehen könnte. Ob man dabei die eher klamaukige Variante der Sechzigerjahre wählt oder sich wieder der düsteren Originalversion annähert und Fantomas zu einem internationalen Terroristen macht, ist letztendlich Geschmackssache, und auch eine europäische Produktion mit bekannten Stars aus verschiedenen Ländern wäre möglich …
Doch zum Abschluss der Fantomas-Woche noch der Bericht zum letzten Teil der Trilogie:
Fantomas bedroht die Welt
Lord McRashley (Jean-Roger Caussimon) ist einer der reichsten Männer Großbritanniens und gerät dadurch ins Visier von Fantomas (Jean Marais), der eine „Steuer“ auf das Vermögen des Adeligen erhebt. Im Gegenzug lässt er ihn am Leben. McRashley denkt jedoch nicht ans Zahlen, sondern verabredet sich mit anderen betroffenen Reichen aus aller Welt, um einen Plan auszuhecken, wie man Fantomas das Handwerk legen kann. Als Köder sollen Fandor (Jean Marais) und seine Verlobte Hélène (Mylène Demongeot) sowie Kommissar Juve (Louis de Funès) dienen, die der Lord auf sein Schloss einlädt …
Der Alternativtitel für diesen Film lautet Fantomas gegen Scotland Yard, was gleichzeitig passender und dennoch irreführend ist. Passender, weil Fantomas, anders als im zweiten Teil, diesmal nicht die Welt, sondern nur die Reichen bedroht, irreführend, weil Scotland Yard keine Rolle spielt. Warum der Film überhaupt in Schottland spielt, bleibt ein Rätsel, vielleicht wollte man damit dem internationalen Erfolg der Trilogie Rechnung tragen.
Fantomas hat in den drei Filmen eine Entwicklung durchgemacht, war anfangs ein raffinierter Trickbetrüger und Juwelendieb, von dem es allerdings auch hieß, er ließe Flugzeuge abstürzen und andere terroristische Akte verüben, wandelte sich im zweiten Teil zum Superschurken, der sich die gesamte Welt unterwerfen wollte, und tritt nun im Finale als schnöder Erpresser auf. Sogar seine Sprechweise hat sich verändert. Auch seine theatralischen Auftritte sind verschwunden, keine Orgelmusik, kein Schurkenlachen, nicht einmal das Haifischbecken hat man dem armen Mann gelassen. Dafür hat er unter dem Schloss des Lords ein komplexes Tunnelsystem angelegt, durch das man bequem mit einem ferngesteuerten Bett fahren kann, und in einem der Türme verbirgt sich eine explosive Überraschung für den Showdown. Wie er all das bewerkstelligt hat, ohne dass der Hausherr davon etwas mitbekommen hat, bleibt sein Superschurkengeheimnis.
Aber diese lächerlichen Einfälle passen zu einer weitgehend ideenlosen und lahmen Story, in der nicht einmal der routiniert grimassierende Louis de Funès für etwas Pepp sorgen kann. Es werden zwar einige Pläne geschmiedet, einmal zur Ergreifung von Fantomas, aber auch zur Ermordung des Lords für einen völlig sinnfreien Versicherungsbetrug durch seine Gattin, die beide praktisch keine Rolle spielen. Stattdessen geht es um ein albernes Katz-und-Maus-Spiel, in dem Fantomas versucht, Juve als verrückt dastehen zu lassen. Als ob es dafür besondere Anstrengung bedürfte. Und Sinn ergibt es auch nicht.
Insgesamt ist der Film gar nicht so schlecht, er hat einige gelungene Gags, und man sieht Louis de Funès gerne bei seinen Eskapaden zu. Auch Hélène bekommt wieder ihre starken Auftritte, auch wenn sie erneut als Fräulein in Not geraten muss, damit Fandor den Helden spielen kann. Erst im Vergleich mit den anderen Filmen der Reihe fällt auf, wie schwach Fantomas bedroht die Welt ist. Hatte der erste Teil noch eine Menge Action, war die Fortsetzung temporeich und witzig, verliert sich die Geschichte nun im schottischen Nebel und den Albernheiten eines Kinderfilms. Nicht einmal für eine flotte Verfolgungsjagd am Ende reicht die Kraft noch. Das hat Fantomas nicht verdient.
Note: 4