Als der Trailer herauskam, machte er bereits Lust auf den Film, so wie es ein guter Trailer tun sollte. Es gab eine Menge Action, wehrhafte Heldinnen und eine kräftige Prise Humor, da störte es nicht, dass alles gleichzeitig ein bisschen wie ein Abziehbild von John Wick wirkte. Man kann es ja auch als Huldigung begreifen.
Die Kritiken waren jedoch eher verhalten, und in den USA wurde der Film auf Netflix verstreamt. Bei uns läuft er jedoch seit letzter Woche im Kino, und wir waren dort …
Gunpowder Milkshake
Sam (Karen Gillan) arbeitet als Auftragsmörderin für „die Firma“, ein Verbrechersyndikat, das wie ein börsennotiertes Unternehmen geführt wird (und natürlich sitzen im Aufsichtsrat lauter Männer). Bei Sams letztem Auftrag kommt es jedoch zu einer Komplikation, und der Sohn eines Unterweltbosses wird getötet. Auch Sams nächster Job verläuft nicht nach Plan, denn sie erschießt versehentlich den Mann, der die Firma um viel Geld betrogen hat. Als sie aber herausfindet, dass er es getan hat, um seine entführte Tochter Emily (Chloe Coleman) zu retten, entschließt sie sich, das Kind zu befreien. Die Firma ist natürlich sauer und schickt ihr drei Auftragsmörder hinterher, und auch der Gangsterboss hat mit Sam noch eine Rechnung offen. Hilfe findet sie bei drei als Bibliothekarinnen getarnte Waffenhändlerinnen (Michelle Yeoh, Angela Bassett und Carla Gugino) und ihrer Mutter Scarlet (Lena Headey), die Sam vor fünfzehn Jahren im Stich gelassen hat …
Die Story wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas komplex, im Grunde kommt es aber nur darauf an, dass Sam von einer Menge wütender Männer verfolgt wird. Zu denen gehört noch Nathan (Paul Giamatti), in dessen Obhut Scarlet die junge Sam zurückgelassen hat und der für die Firma arbeitet. Nathan ist wie eine Vaterfigur für Sam, aber er verrät sie zum Wohle der Firma: Die Männer in dieser Geschichte sind allesamt eine Enttäuschung.
Wahre Solidarität, lernen wir, gibt es nur unter Frauen, und sie verfügen auch über den besser geeichten moralischen Kompass, denn im Kern der Geschichte geht es um die Rettung eines Mädchens, mit dem Sam irgendwie auch das Kind in sich retten will, das immer noch darunter leidet, von der Mutter verlassen worden zu sein. Leider gelingt es Regisseur und Co-Autor Navot Papushado nicht, diesen Aspekt der Story adäquat umzusetzen, denn wenn es um große Gefühle geht, rutscht die Szene oft in Gefühlsduseligkeit ab. Da hätte man viel mehr herausholen können.
Aber Papushado wollte sicherlich nicht ein feinfühliges Mutter-Tochter-Drama erzählen, sondern einen handfesten Actionfilm inszenieren, der stilistisch überaus ambitioniert ist. Der Look des Films ist großartig, ein bisschen künstlich und überhöht, aber das passt sehr gut zu dieser Art von Gangstergeschichte, seit Tarantino angefahren hat, Filme zu drehen. Sein Einfluss ist wie immer unübersehbar. Das große Vorbild scheint aber John Wick gewesen zu sein, denn die ominöse Firma und die Bibliothek erinnern an das Hotel Continental in der Trilogie.
Mit einem Budget von ungefähr 30 Millionen Dollar kann sich Gunpowder Milkshake nicht ganz mit der Keanu Reeves-Produktion messen, macht aber das Beste daraus. Vor allem die großartige Besetzung, die mit sichtlichem Spaß agiert, ist ein dicker Pluspunkt, da fällt es nicht weiter auf, dass die Action etwas zurückstehen muss. Und wer weiß? Vielleicht steht der geplanten Fortsetzung mehr Geld zur Verfügung?
Ein durchweg amüsanter, skurriler Gangsterfilm mit tollem Look, wunderbaren Schauspielerinnen und blutigen (manchmal leider etwas zu blutigen) Nahkämpfen. Gerne mehr davon.
Note: 2-