Der Nebenmonat November geht langsam seinem Ende entgegen, und die goldglänzende Weihnachtszeit steht ins Haus. Nur so richtig freuen kann man sich angesichts der schwierigen Situation im Land und weltweit nicht so richtig. Vielleicht ist es deshalb umso wichtiger ist, es sich zu Hause gemütlich zu machen und viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Diese Woche stelle ich zwei etwas ältere Filme und eine Serie vor, die es einem leicht machen, die Ereignisse außerhalb unserer vier Wände für eine Weile auszublenden und sich wegzuträumen.
Über John Irving wurde immer gesagt, der Schriftsteller habe keine Leser, sondern Fans. Obwohl „nur“ ein Werbeslogan, offenbart der Satz eine Menge über das Verhältnis treuer Leser zu ihrem Lieblingsautor, dessen Werk sie so sehr verinnerlicht haben, dass sie es praktisch auswendig kennen. Gute Bücher sind wie gute Freunde, man verbringt eine Menge Zeit mit ihnen, kehrt immer wieder zu ihnen zurück und kann auch nach Jahrzehnten noch neue Seiten an ihnen entdecken. Und sie werden nie langweilig.
Über John Irving bin ich auf Charles Dickens gekommen, von dem ich zuvor nur eine (verstümmelte) Jugendbuchversion von David Copperfield kannte, und seither habe ich ein Faible für die britische Literatur des 19. Jahrhunderts. Jane Austen gehört dabei zu meinen Lieblingsautorinnen, von der ich nahezu alles gelesen habe. Wie beliebt sie weltweit ist, beweist die Bereitschaft, ihre Bücher immer wieder zu verfilmen oder die Autorin selbst in fiktionalen Werken zu verewigen. Gelegentlich handeln Geschichten aber auch von Austen-Fans und ihrer Liebe zu einigen der größten Klassikern der Literaturgeschichte.
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle ein Geständnis ablegen: Ich habe mir irgendwann den Roman von Karen Joy Fowler gekauft, der dem Film zugrunde liegt. Der Titel klang (für einen Jane Austen-Fan) ansprechend, und es war genau jene Art von Literatur, die man sich an einem müßigen Strandtag zur Gemüte führt. Dass ich das Buch gelesen habe, weiß ich noch, vielleicht war es sogar an einem Strand in Kalifornien, was perfekt zur Handlung passen würde, aber der Inhalt ist in Vergessenheit geraten. Grund genug, mir endlich den Film anzuschauen …
Der Jane Austen Club
Als Sylvia (Amy Brenneman) überraschend von ihrem Mann Daniel (Jimmy Smits) verlassen wird, versuchen ihre besten Freundinnen Bernadette (Kathy Baker) und Jocelyn (Maria Bello), sie mit einem Buchclub zu trösten, in dem sie jeden Monat einen Roman von Jane Austen besprechen. Dazu laden sie noch Sylvias Tochter Allegra (Maggie Grace) und die Lehrerin Prudie (Emily Blunt) ein. Weil ihnen noch ein sechstes Mitglied fehlt, fragt Jocelyn die attraktive Zufallsbekanntschaft Grigg (Hugh Dancy), den die überzeugte Junggesellin unbedingt mit Sylvia verkuppeln möchte, obwohl er sich mehr für sie interessiert …
Der Film von Robin Swicord beginnt mit einer Collage aus dem hektischen Alltagsleben moderner Amerikaner, die mit ihren Handys telefonieren, im Stau stehen oder mit den Tücken der Technik kämpfen. Und die Bilder dazu sehen entsetzlich alt aus, als würden sie aus den Neunzigern stammen und nicht aus dem Jahr 2007.
Was auf den ersten Blick schrecklich altbacken wirkt, bekommt beim genaueren Hinsehen eher eine nostalgische Patina. Die Menschen in dieser Welt lesen tatsächlich noch Bücher aus Papier und keine E-Books, das Internet und insbesondere die sozialen Medien bestimmen noch nicht jede wache Minute ihres Lebens, und sie reden miteinander. Direkt und bei Kaffee und Kuchen oder Wein und Snacks. Dass sie sogar über Bücher reden, manchmal zumindest, ist ein zusätzlicher Bonus.
Im Mittelpunkt der Ereignisse stehen, ähnlich wie in den Geschichten von Jane Austen, die hier Aufhänger für die Treffen und Blaupause für die diversen Beziehungsgeflechte sind, vor allem die romantischen Verwicklungen. Man muss Swicord, die eigentlich Drehbuchautorin ist und natürlich auch das Skript verfasst hat, zugutehalten, dass sie sich viel Mühe mit ihren Figuren gibt. Jede einzelne bekommt eine unverwechselbare Stimme und Geschichte, darf sich entwickeln, lernen und am Ende glücklicher sein als zu Beginn. Das alles ist nicht aufregend, manchmal sogar ziemlich trivial, aber insgesamt charmant und schön erzählt.
Ob es um Sylvia geht, die über ihre Liebe zu Daniel nicht hinwegkommt, oder um Prudie, die an der lieblosen Art ihres Mannes (Marc Blucas) verzweifelt und sich zu einem ihrer Schüler hingezogen fühlt, oder eine der anderen Frauen im Club, man folgt ihnen gerne auf ihrem Weg durch das Chaos moderner Beziehungen. Alle Figuren tragen dabei Wesenszüge bekannter Austen-Heldinnen, was sich aber ebenso wie die vielen offenen und versteckten Anspielungen erst erschließt, wenn man sich mit deren Werk gut auskennt. So ist dies nicht nur eine Geschichte über Austen-Fans, sondern vor allem auch für solche.
Aber selbst, wenn man nicht mit den sechs Büchern Jane Austens vertraut ist, um die es hier geht, funktionieren die diversen Geschichten wunderbar, erzählen sie doch universelle Storys über das Ver- und Entlieben, das Scheitern und Wiederaufstehen. Es ist ein lockerer, leichter Reigen aus dem sonnigen Kalifornien, ein Episodenfilm mit großartiger Besetzung, die mit sichtlicher Freude agiert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und vielleicht animiert er ja dazu, sich wieder einmal mit den Büchern einer gewissen britischen Schriftstellerin zu beschäftigen …
Note: 3+