Contra

Remakes sind gerade die große Mode, zumindest im europäischen Kino, aber auch Hollywood ist (wieder) auf den Geschmack gekommen und kopiert die Hits anderer Länder wie etwa Ziemlich beste Freunde. Einer der größten Remake-Erfolge Hollywoods ist natürlich The Sound of Music, der nach der Vorlage von Die Trapp-Familie entstand und über den Mark G. einen sehr schönen Artikel geschrieben hat.

Das perfekte Geheimnis ist italienischen Ursprungs und wurde in zahlreichen Ländern neu verfilmt, und dann gab es in den letzten Jahren noch Der Vorname, Klassentreffen 1.0 oder Die Hochzeit, die allesamt Remakes waren. Und viele weitere Produktionen sind in Vorbereitung.

Sinn machen Remakes vor allem dann, wenn das Original zwar gelungen, aber hierzulande unbekannt geblieben ist, oder wenn es ein schwacher Film war, aus dem man noch viel mehr herausholen könnte. Aus einem erfolgreichen Film ein ebenso erfolgreiches Remake zu machen, ist dagegen eine Herausforderung, die anzugehen man sich besser zweimal überlegen sollte.

In diesem Fall war das Original nur mäßig erfolgreich und damit weitgehend unbekannt – beste Voraussetzungen also, um eine deutsche Version herzustellen …

Contra

Naima (Nilam Farooq) studiert Jura und gerät schon am ersten Tag mit ihrem Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) aneinander, der sie für ihr Zuspätkommen vor der gesamten Studentenschaft xenophob beleidigt. Da dies nicht der erste Zwischenfall war, der noch dazu viral geht, wird Pohl vom Universitätspräsidenten dazu verurteilt, Naima in einem interuniversitären Debattenwettbewerb zu unterstützen, andernfalls muss er mit ernsten beruflichen Konsequenzen rechnen. Nachdem Pohl Naima davon überzeugt hat, sich auf ihn einzulassen, erreichen die beiden sogar einige beachtliche Erfolge …

Sönke Wortmanns neuer Film ist ein Remake des französischen Hits Die brillante Mademoiselle Neïla, der auch bei uns vor drei Jahren im Kino lief. Leider ist auch in Deutschland ist das Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aktueller denn je, und da das Original bei uns nicht sonderlich erfolgreich war, lag ein Remake sicherlich nahe, auch wenn es nicht notwendig gewesen wäre. Warum verlässt sich eigentlich kaum noch jemand auf Originalstoffe?

Die beiden Hauptdarsteller machen ihre Sache ausgesprochen gut. Christoph Maria Herbst zeigt einmal mehr, was für ein charmantes Ekel er sein kann, und Nilam Farooq ist wie ihr Love-interest im Film, Hassan Akkouch, eine absolute Neuentdeckung (zumindest für mich). Beide könnten eine große Karriere starten.

Besonders die erste Hälfte des Films ist außerordentlich stark, nimmt den Zuschauer sofort für Naima und ihre Außenseiterposition ein und verstärkt die Empörung, die man bereits in den ersten Minuten empfindet. Das ist sogar noch besser gelungen als im französischen Original. Danach wandelt sich die Geschichte zu einem klassischen Cheerie-Movie, das die üblichen Stationen durchläuft und auch die üblichen Krisen beinhaltet. Ein bisschen arg vorhersehbar, aber durchweg solide erzählt. Hier orientiert sich das Buch stark an der Vorlage, übernimmt teilweise sogar dieselben Argumente.

Leider geraten die Figuren in der zweiten Hälfte ein wenig aus dem Fokus. Es wäre schön gewesen, etwas mehr über die Vergangenheit des Professors und sein Innenleben zu erfahren, das über die wenigen Schlagworte, die man geliefert bekommt, hinausgeht. Auch Naimas familiärer Hintergrund hätte durchaus eine größere Rolle spielen können, ebenso wie ihre Liebesgeschichte. Im Grunde sind es dieselben Schwächen, die auch bereits das Original auszeichnen. Wozu dreht man ein Remake, wenn man nicht korrigiert, was in der Vorlage nicht funktioniert hat? Entsprechend verliert der Film gegen Ende an Kraft und Emotion, überzeugt aber dank seiner wunderbaren Schauspieler.

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.