Als der Film 2012 seine Premiere in Cannes hatte, wurde er von den Kritikern gefeiert, und auch beim Publikum kam er gut an, gemessen an seinem imdB-Wert. Bei uns lief er dennoch nicht im Kino, was ich einerseits überraschend finde, andererseits habe ich ihn, als ich das Drehbuch seinerzeit für den Filmeinkauf gelesen habe, ebenfalls für diese Auswertungsform nicht empfohlen.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen, und als ich neulich über den Titel gestolpert bin, war ich neugierig, wie denn der Film geworden ist. An das Drehbuch hatte ich zwar noch einige Erinnerungen, aber die Details der Geschichte waren mir nicht mehr präsent – beste Voraussetzungen also …
Mud – Kein Ausweg
Der 14jährige Ellis (Tye Sheridan) und sein bester Freund Neckbone (Jacob Lofland) entdecken auf einer Flussinsel ein Motorboot, das seit einem Sturm in einer Baumkrone feststeckt. Ihr Plan, es irgendwie zu bergen oder wenigstens als Versteck zu nutzen, geht jedoch nicht auf, denn der gesuchte Straftäter Mud (Matthew McConaughey) hat es sich als Unterschlupf ausgesucht. Er erzählt ihnen, dass er einen Mann getötet hat, der seine Freundin Juniper (Reese Witherspoon) misshandelt hat, und plant, zusammen mit ihr vor der Polizei und den Verwandten des Mannes zu fliehen, die ihn töten wollen. Dafür braucht er jedoch die Hilfe von Ellis und Neckbone, um das Boot flottzumachen und Juniper vor den Verfolgern zu retten.
Den Film, der in Arkansas gefilmt wurde, umweht ein Hauch von Mark Twain, auch wenn Ellis und Neckbone kein Tom Sawyer und Huckleberry Finn sind. Aber die Südstaatenatmosphäre, das Leben am Fluss und die archaische Grundgeschichte tragen genügend dazu bei, sich an den großen Klassiker der amerikanischen Literatur erinnert zu fühlen.
Mit Mud ist Regisseur und Drehbuchautor Jeff Nichols ein origineller und ambivalenter Charakter gelungen, der nicht nur über eine Menge Charme verfügt, sondern auch ein begnadeter Geschichtenerzähler ist, der den beiden Jungs einiges über das Leben und die Liebe beibringt. Vor allem Ellis ist für das romantische Schicksal Muds empfänglich, denn er hat sich gerade in die zwei Jahre ältere May Pearl (Bonnie Sturdivant) verliebt, für die er sogar eine Prügelei riskiert.
Doch Ellis ist noch jung und naiv und muss lernen, dass das Leben kein Ritterroman ist. Selbst die größten Gefühle können mit der Zeit verblassen, weshalb die Ehe seiner Eltern (Sarah Paulson und Ray McKinnon) kurz vor dem Ende steht und das Leben des Jungen vor einer gewaltigen Veränderung steht. Andere wiederum haben die Menschen verloren, die sie am meisten geliebt haben, wie Neckbone seine Eltern, die sein Onkel (Michael Shannon) nur unzureichend ersetzen kann, oder Muds Ziehvater Tom (Sam Sherpard), der zum verbitterten Einzelgänger geworden ist. Für Ellis ist es ein Sommer des Erwachens und des Erwachsenwerdens, in dem er viel über das Leben und die Liebe lernt, um am Ende zu erkennen, dass es keine Gewissheiten gibt, dass Liebe manchmal nicht ausreicht, um alle Schwierigkeiten zu überwinden, und Freundlichkeit, Loyalität und ein gutes Herz mehr wert sind als alle Heldentaten.
Es ist eine gute, solide Geschichte von zeitloser Gültigkeit, die Nichols uns hier präsentiert, ein wenig langsam erzählt, was aber zum gemächlichen Rhythmus des Flusses passt, dafür aber mit präzise beobachteten Figuren. Insgesamt sehr gefällig, wenn auch nicht übermäßig originell, nur das actiongeladene Finale wirkt ein wenig wie aus einem anderen Film.
Note: 3