Hin und wieder habe ich Lust, mir einen Western anzuschauen. Das kommt nicht allzu häufig vor, aber man hat ja auch nicht jeden Tag Appetit auf Pizza. Als ich auf diesen Film gestoßen bin, wusste ich gar nichts über ihn, fand aber die Besetzung ziemlich spannend …
Seraphim Falls
1868: Gideon (Pierce Brosnan) campiert in den verschneiten Bergen Nevadas, als plötzlich auf ihn geschossen wird. Im nächsten Moment ist der ehemalige Nordstaatenoffizier auf der Flucht vor seinem früheren Kriegsgegner Carver (Liam Neeson), der vier skrupellose Männer engagiert hat, um Gideon lebendig zu stellen. Eine gnadenlose Jagd beginnt, die von den schneebedeckten Bergen bis tief in die Wüste führt …
Selbst wenn man nicht weiß, dass es sich bei den beiden Männern um ehemalige Offiziere der Bürgerkriegsparteien handelt und der Grund für ihren Streit in jenem Konflikt zu suchen ist, funktioniert der Film tadellos. Getrieben von Hass und der Suche nach Vergeltung ist Carver bereit, über Leichen zu gehen, um seinen Erzfeind zur Strecke zu bringen, und Gideon ist ein mit allen Wassern gewaschener Soldat, der jeden Trick zum Überleben kennt, ein meisterhafter Strategie und Fallensteller, der seinen Verfolgern trotz einer Verletzung und des Verlusts von Pferd und Waffen immer wieder entkommen kann.
Die erste Hälfte des Films von David Von Ancken funktioniert daher wunderbar als wendungsreiches Katz-und-Maus-Spiel, in dem sich die Sympathien nahezu gleichmäßig auf beide Parteien verteilen. Gideon scheint vielleicht etwas fairer als Carver zu sein, der völlig verbissen seinen Gegner jagt, weil er nichts anderes mehr im Leben hat, andererseits umgibt den Nordstaatler ein großes Geheimnis, das man unbedingt ergründen möchte: Was hat er Carver angetan, dass dieser hinter ihm her ist?
Die Antwort erfährt man, nach einigen wahllos eingestreuten, bruchstückhaften Rückblenden in der Form von Alpträumen beider Männer, erst gegen Ende. Spätestens zu diesem Zeitpunkt verschiebt sich der Fokus endgültig auf die Frage, wie sehr wir zulassen wollen, dass die Vergangenheit unser ganzes Leben bestimmt. Carver will Rache für das ihm zugefügte Unrecht, aber je länger die Jagd auf Gideon dauert, desto unschärfer werden die Grenzen zwischen Schuld und Unschuld, desto ähnlicher werden sich die Männer, die beide unter dem Einfluss eines Ereignisses stehen, das ihr Leben für immer verändert hat, weil es ihnen vor Augen geführt hat, wer sie im tiefsten Kern ihres Wesens sind. Im Grunde sind beide auf der Flucht – vor dem Mann, zu dem sie nie werden wollten.
So interessant das Thema auch ist, leider geht der Geschichte in der zweiten Hälfte langsam die Luft aus, und auch der Showdown ist – von einem wunderbaren Auftritt Angelica Houstons einmal abgesehen – ein wenig enttäuschend.
Note: 3-