Freaky

Es ist nicht einfach, dem mittlerweile doch recht blutleeren Genre des Slasherfilms noch etwas Neues abzugewinnen, daher ist die Grundidee eines Crossovers mit einer Körpertauschgeschichte ziemlich gelungen. Regisseur Christopher Landon, ein Sohn des TV-Stars Michael Landon, hat mit dem Paranormal Activity-Franchise sowie den beiden Happy Deathday-Filmen bereits Horrorerfahrungen gesammelt, und der Trailer sah auch verdammt gut aus. Und da zu erwarten war, dass der Film schneller wieder aus den Kinos verschwindet als andere Produktionen, war dies unser erster Besuch in einem Lichtspielhaus nach der landesweiten Öffnung Anfang Juli.

Freaky

Ein unheimlicher Serienkiller mit dem Namen Blissfield Butcher (Vince Vaughn) treibt seit Jahren sein Unwesen in der beschaulichen Kleinstadt. Zur Zeit des Homecomings ermordet er erneut einige Teenager und stiehlt dabei einen uralten Ritualdolch namens La Dola. Als ihm in der darauffolgenden Nacht die unscheinbare, aber von vielen gemobbte Millie (Kathryn Newton) zum Opfer fällt, passiert jedoch etwas Unerwartetes: Der Killer wird gestört, der Mord nicht vollzogen, aber dafür tauschen Täter und Opfer die Körper. Plötzlich wird Millie als brutaler Mörder gesucht und hat nur 24 Stunden Zeit, das Ritual rückgängig zu machen – während der Killer in ihrer Gestalt munter weiter meuchelt …

Mit einer bestechenden Grundidee und einem Trailer, der sowohl witzige als auch spannende Unterhaltung verspricht, sind die Erwartungen natürlich hoch. Vielleicht ist das der Grund, warum mich der Film nicht in Gänze überzeugen konnte. Das beginnt bereits mit den ersten Morden an vier Teenagern, die gemeinsam im Haus eines der Mädchen abhängen – und allesamt fürchterliche Kotzbrocken sind. Anstatt mit ihnen mitzufiebern und zu hoffen, dass sie dem Schlächter entkommen können, hofft man eher, dass es möglichst bald mit ihnen aus ist, um sie nicht länger ertragen zu müssen. Hinzu kommt, dass die Mordszenen ausgesprochen drastisch ausfallen und dem Zuschauer kein noch so unappetitliches Detail erspart bleibt.

Es stellt sich die Frage, warum die Splatter-Effekte so blutig ausfallen müssen, zumal es sich bei dem Film um eine Horrorkomödie handelt. Damit wären wir beim nächsten Kritikpunkt: Gelungene Gags kann man mit der Lupe suchen. Hin und wieder gibt es zwar Momente zum Schmunzeln, aber alles in allem hätte man wesentlich mehr an Humor herausholen können. Dass der Mörder damit zu kämpfen hat, dass er im Körper einer Siebzehnjährigen zwar unverdächtig wirkt, aber viel zu schwach ist, um seine Opfer effektiv zur Strecke zu bringen, ist noch ein gelungener Running Gag, der die etwas zu häufig bemühten Genitalwitze wettmacht.

Die Schuld liegt klar am Drehbuch, das sich allein auf seine gute Grundidee verlässt, darüber hinaus aber alles andere als originell oder überraschend ist, und wenn dann noch an Humor und Spannung gespart wird, stellen sich unwillkürlich einige Längen ein. Erschwerend hinzu kommt, dass lediglich die Hauptdarstellerin sympathisch ist, während alle anderen entweder in die Kategorie Nervensäge oder Mauerblümchen fallen. Oder gleich komplette Arschlöcher sind, die für ihr Mobbing, ihre Engstirnigkeit oder ihr übergriffiges Machogehabe zur Rechenschaft gezogen werden. Karma ist ein Schlächter.

Immerhin auf die beiden Hauptdarsteller ist Verlass, denn sowohl Kathryn Newton als auch Vince Vaughn machen ihre Sache ausgesprochen gut. Ein wenig stand zu befürchten, dass die Tatsache, dass im Killer ein zartes Mädchen steckt, zu sehr in eine klamottenhafte Richtung à la Charlies Tante gehen könnte, stattdessen setzt der offen schwule Landon eher auf einen, zugegeben sehr subtilen, Diskurs in Sachen Transsexualität. Der Einfall, dass ein gestandener Mann und Serienmörder, der selbst wenig Wert auf Hygiene legt und in einem Abbruchhaus lebt, Millie ein Killeroutfit verpasst und damit seine neu entdeckte Weiblichkeit zelebriert, gehört zu den besten des Films. Es ist nur schade, dass Landon sich ansonsten überhaupt nicht für den Schlächter interessiert, ihm weder einen Namen noch eine Biografie verleiht – und damit seiner Geschichte einen Bärendienst erweist.

Trotz aller Defizite ein durchaus gelungener Slasherfilm, der zwar lustiger und spannender hätte sein können, dem Genre aber immerhin ein paar neue Facetten abgewinnt.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.