Dies ist ein Beitrag aus der Rubrik: Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen. Als der Film vor zwei Jahren in die Kinos kam, war ich noch verhalten neugierig, weil ich die Besetzung interessant fand und Blumhouse einige gute Filme produziert hat. Dass ich den Film dann doch nicht gesehen habe, lag am schwachen Trailer und den schlechten Kritiken.
Weil die Produktion jedoch bald bei Prime Video verschwindet, dachte ich, es könne ja nicht schaden, einmal einen Blick zu riskieren. Neben Ma – sie sieht alles stand noch Hustlers auf meiner Liste, bei dem ich allerdings nach knapp der Hälfte ausgestiegen bin. Auch dieser Film ist prominent besetzt (u.a. mit Jennifer Lopez) und erzählt eine nicht uninteressante Geschichte, schafft es aber nicht, eine emotionale Bindung zu den Figuren zu etablieren oder in angemessener Zeit zur Sache zu kommen. Als die Geschichte nach vierzig Minuten endlich losging, hatte ich bereits das Interesse verloren. Aber zurück zur Blumhouse-Produktion …
Ma – sie sieht alles
Maggie (Diana Silvers) ist mit ihrer Mutter Erica (Juliette Lewis) in deren Heimatstadt gezogen. An ihrer neuen Schule findet sie zwar schnell Freunde, doch das Freizeitangebot in der Kleinstadt ist begrenzt. Als ihre Clique zufällig Sue Ann (Octavia Spencer) fragt, ob sie ihnen Alkohol besorgen kann, bietet sie ihnen an, im Keller ihres Hauses zu feiern. Schon bald wird „Ma“ zu einer guten Freundin, die vieles durchgehen lässt, was ihre Eltern verboten haben. Doch Ma ist nicht, was sie auf den ersten Blick zu sein scheint …
Das Mitleid mit Teenagern, die noch nicht alt genug sind, um Alkohol zu kaufen, aber auf regelmäßige Besäufnisse und Drogenkonsum nicht verzichten wollen, hält sich naturgemäß in Grenzen. Es sei denn, man gehört zu jener benachteiligten Gruppe. Das Drehbuch von Scotty Landes macht es dem Zuschauer zunächst schwer, sich mit den Protagonisten anzufreunden, zumal die Figuren auch nicht besonders interessant geschildert werden und insgesamt austauschbar sind. Maggie immerhin scheint noch relativ vernünftig zu sein, und eine sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte mit Andy (Corey Fogelmanis) trägt überdies dazu bei, dass man sie netter findet als den Rest.
Natürlich fragt man sich, warum Ma (bleiben wir mal bei dem titelgebenden Spitznamen, den die Teenies Sue Ann geben) sie zu sich nach Hause einlädt, und als geschulter Horrorfilm-Zuschauer ahnt man sinistre Pläne. Man denkt an Folter, Kannibalismus oder andere Freizeitbeschäftigungen, denen Ma nachgehen könnte. Doch am Ende täuscht das Label Blumhouse, denn von Horror kann keine Rede sein, der Film ist ein Psychothriller, in dem es um späte (sogar sehr späte) Rache geht.
Man hat jedoch nie das Gefühl, als wüsste Ma, was sie eigentlich will. Die Figur ist leicht durchschaubar, und sobald die erste Rückblende in ihre eigene Jugend einsetzt, weiß man, dass sie über die jungen Leute Rache an deren Eltern nehmen will, mit denen sie einst in derselben High-School war. Warum sie dafür allerdings über zwanzig Jahre lang gewartet hat, bleibt wohl ihr Geheimnis.
Es ist jedoch nicht die Vorhersehbarkeit der Story, die den Film schwach erscheinen lässt, sondern das gemächliche Tempo und die Einfallslosigkeit der Regie von Tate Taylor. Alles hat man bereits in anderen Filmen gesehen, meistens sogar besser, und auch wenn Octavia Spencer großartig agiert, schafft es der Film nicht, den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Dabei wird ihr, ähnlich wie Carrie im gleichnamigen Stephen King-Klassiker übel mitgespielt. Allein, die nötige Empörung, die emotionale Wucht bleibt aus. Vielleicht liegt es daran, dass diese Vorgeschichte erst im Nachhinein hinzugefügt wurde, weil Testscreenings bemängelt haben, dass man mit dem Monster ohne Motiv keine Empathie empfindet – wer hätte das gedacht?
Weder Mas trauriges Schicksal noch ihre kleinen Psychospielchen schaffen es, den Zuschauer zu fesseln, und so schleppt sich die Handlung langsam ihrem immerhin halbwegs gelungenen Showdown entgegen. Dieser ist sogar einigermaßen spannend, sieht man von ein paar kleineren Patzern in der Inszenierung ab.
Es ist erstaunlich, wie viele namhafte Schauspieler sich für dieses doch eher inhalts- und spannungsarme Stück Unterhaltung verpflichtet haben. Immerhin kann man sich über ein Wiedersehen mit Juliette Lewis freuen, und Luke Evans hat ein paar nette Auftritte als besorgter Vater. Nur Allison Janneys Rolle als Tierärztin und Boss von Sue Ann ist denkbar undankbar …
Note: 4