A Quiet Place 2

Für Leute, die im Kino gerne Popcorn essen oder andere Dinge naschen, ist dies nicht der geeignete Film. Schon beim ersten Teil war es so still im Saal, dass jedes noch so leise Rascheln mit der Popcorntüte ohrenbetäubend laut erschien. Aber genau das hat auch die Magie des Films ausgemacht, der Stille so effektiv eingesetzt hat wie andere Horrorfilme ihre Musik.

Ob die Fortsetzung darin wohl genauso gut ist?


A Quiet Place 2

Ein ganz normaler Tag in einer US-amerikanischen Kleinstadt: Lee (John Krasinski) besorgt noch rasch einige gesunde Snacks, um sich dann mit seiner Frau Evelyn (Emilie Blunt) auf dem Sportplatz zu treffen, wo Sohn Marcus (Noah Jupe) Baseball spielt. Doch mitten im Spiel erscheint ein Feuerball am Himmel, und als die Menschen aufgeregt nach Hause eilen, werden sie plötzlich von Monstern attackiert …

Die Rückblende gleich zu Beginn des zweiten Teils ist in mehrfacher Hinsicht geschickt gewählt. Zum einen erlaubt sie einen erneuten Auftritt von Drehbuchautor und Regisseur John Krasinski, zum anderen erzählt sie, wie die Welt, die wir aus dem letzten Film kennen, zu der wurde, die sie ist. Das ist ungemein spannend und beklemmend erzählt, vor allem weil der Zuschauer an diesem Punkt bereits mehr weiß als die Figuren, die noch keine Ahnung haben, dass Geräusche tödlich sein können.

Leider verrät Kransinski zu wenig über die Ursprünge der Monster und bricht die letzte Szene etwas zu früh und zu abrupt auf dem Höhepunkt der Spannung ab, was inzwischen fast schon so etwas wie sein Markenzeichen ist und ziemlich genreuntypisch. So kann man auch nach zwei Filmen nur spekulieren, woher die gefräßigen Monster stammen, wobei das All nach dem herabstürzenden Feuerball ein guter Tipp wäre. Alternativ taucht noch eine kryptische Nachricht im Fernsehen über ein Unglück in Shanghai auf, wenn Lee zu Beginn im Drugstore einkauft (und damit den Film am selben Ort beginnen lässt wie den Vorgänger, auch das ein schöner Einfall).

Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, stellt sich die Frage, ob es wirklich Aliens sind, die mit einem Raumschiff gekommen sind, denn so intelligent, dass sie zum Bau und zur Steuerung eines solchen in der Lage wären, scheinen die Biester nicht zu sein. Sind sie vielleicht mit einem Meteor abgestürzt? Dann fragt man sich, wie sie darauf überleben konnten. Oder sind sie womöglich eine Art Vorhut, eine Biowaffe der besonderen Art, mit der die eigentlichen außerirdischen Eroberer schon mal für Chaos und eine Dezimierung der Planetenbevölkerung sorgen, bevor sie den Laden übernehmen. Man weiß es nicht und erfährt es nicht.

Aber man hat während des Films ohnehin keine Zeit, ausführlich darüber nachzudenken, denn nach der eindrucksvollen Anfangsszene kehrt die Geschichte zum Ende des letzten Teils zurück. Evelyn und ihre Kinder müssen die verwüstete Farm verlassen und suchen Hilfe bei einem früheren Freund der Familie: Emmett (Cillian Murphy) hat ebenfalls seine Familie verloren und fristet ein einsames Dasein in einer ehemaligen Fabrik, und die Ereignisse seit ihrem letzten Treffen haben ihn übervorsichtig und nicht gerade menschenfreundlich gemacht.

Anders als im ersten Teil steht diesmal nicht die Familie Abbott allein im Fokus, und auch auf zwischenmenschliche Konflikte wie die Spannungen zwischen Lee und seiner gehörgeschädigten Tochter Regan (Millicent Simmonds) verzichtet das Drehbuch. Das ist einerseits schade, denn so wirken die Figuren weniger dreidimensional, andererseits kennen wir sie inzwischen auch schon.

Genau wie im ersten Teil reduziert sich die Handlung, abgesehen von der Eingangssequenz, auf nur wenige Tage und Ereignisse, die aber ungemein spannend geschildert werden. Sehr schön erzählt sind etwa die Parallelmontagen, in denen Krasinski den Schicksalen seiner durch die Ereignisse getrennten Protagonisten nachspürt und dabei immer wieder visuelle Parallelen findet. So entsteht ein starker Sog, der einen immer tiefer in die Geschichte zieht, wozu auch erneut der geschickte Einsatz von Stille gehört, der diesmal jedoch häufiger und ziemlich effektiv unterbrochen wird.

Alles in allem steht die Fortsetzung dem ersten Teil in nichts nach, sie ist genauso spannend und mitunter verstörend, sie öffnet die Perspektive diesmal ein wenig weiter, verliert die Familie Abbott dabei aber nie aus dem Fokus. Wirklich etwas Neues hat der Film aber leider nicht zu erzählen, das fällt einem jedoch erst auf, wenn man später darüber nachdenkt …

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.