Eine wunderbare Prämisse für eine Komödie ist, eine Figur aus ihrem gewohnten Umfeld zu nehmen und in ein anderes zu setzen, das ihrer Weltanschauung und ihren bisherigen Erfahrungen widerspricht. Ob es nun eine verwöhnte Millionärin ist, die in einem Arbeiterhaushalt landet (Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser), eine Nachtclubsängerin, die Zuflucht in einem Kloster sucht (Sister Act), oder ein konservativer, katholischer Franzose mit drei Schwiegersöhnen, die so gar nicht nach seinem Geschmack sind (Monsieur Claude und seine Töchter). Leider sind solche Komödien seltener geworden, und so war ich neugierig, als ich den Trailer zu Stage Mother gesehen habe …
Stage Mother
Maybelline (Jackie Weaver) arbeitet als Chorleiterin in der Kirchengemeinde einer texanischen Kleinstadt. Eines Tages erhält sie die Nachricht, dass ihr Sohn Rickey (Eldon Thiele) an einer Überdosis gestorben ist, und fährt gegen den Willen ihres Mannes nach San Francisco, um an der Beerdigung teilzunehmen. Aufgrund von Rickeys Homosexualität hatten die Eltern den Kontakt schon vor Jahren abgebrochen, und so erfährt Maybelline nun zu ihrem Erstaunen, dass ihrem Sohn ein Drag-Club gehört – den sie geerbt hat …
Eine konservative, streng religiöse Frau erbt einen schwulen Nachtclub? Das klingt nach einen herrlich überdrehten Spaß, der entfernt an Ein Käfig voller Narren erinnert. Darüber hinaus gibt es mit Nathan (Adrian Grenier) einen verbitterten Schwiegersohn, der seine gesamte Existenz zu verlieren droht, eine überforderte Nachbarin (Lucy Liu) mit einem Baby und jede Menge weitere Probleme. Und dass Drag Queens für ihre scharfzüngigen Gemeinheiten bekannt sind, sollte außerdem für eine Menge Heiterkeit sorgen. Klingt also nach einem großen Spaß, oder?
Leider bleibt das Drehbuch von Brad Hennig weit hinter den Erwartungen zurück. Der Geschichte mangelt es leider entschieden an Witz, und sie wirkt insgesamt so altbacken, als wäre sie zur selben Zeit entstanden wie Ein Käfig voller Narren. Mit Jackie Weaver gibt es immerhin eine sympathische Hauptdarstellerin, der man gerne in die exotische Welt der Drag Queens folgt, doch erstaunlicherweise ist ihre Maybelline weit von der engstirnigen Südstaatenlady entfernt, deren Erscheinung komödiantische Funken geschlagen hätte. Maybelline ist eine entzückende, ältere Dame mit einem übergroßen Herzen, in das sie jeden, der ihr begegnet, aufnimmt. Nur Platz für Konflikte gibt es nicht.
Dabei kommen auf Maybelline eine Menge Probleme zu: Der Club läuft sehr schlecht, braucht ein neues Programm und auch sonst eine Generalüberholung. Jede Künstlerin, die sich natürlich als kapriziöse Diva versteht, hat darüber hinaus ihre eigenen Probleme, denen sich die neue Chefin gerne annimmt, und nebenbei streitet sich Nathan mit ihr über Rickeys künstlerischen Nachlass. Als wäre das alles noch nicht genug, kriselt es noch in Maybellines Ehe, und sie lernt einen interessanten Mann kennen.
Damit gibt es Stoff genug für eine ganze Serie, aber wie durch ein Wunder lösen sich alle Probleme im Handumdrehen beinahe von selbst. Maybelline braucht nur etwas gesunden Menschenverstand, Einfühlungsvermögen und guten Geschmack, und schon kuriert sie einen Freund von seiner Drogensucht, verhilft einem anderen zur Aussöhnung mit der ablehnenden Mutter und steht einer Transfrau bei, ihre Vergangenheit zu bewältigen. Wahrscheinlich backt sie auch noch jeden Morgen frische Biscuits …
Das macht den Film ungefähr so spannend wie die Erledigung einer langen Einkaufsliste und so vorhersehbar wie den Wetterbericht in Südtexas. Man sieht dem Ensemble zwar gerne zu, kann auch hin und wieder einmal schmunzeln, hat das meiste aber bereits nach dem Abspann wieder vergessen. Selbst die Musikeinlagen, die immerhin dafür sorgen sollen, dass der Club wieder brummt, wirken erschreckend lahm.
Note: 3-