Brightburn: Son of Darkness

Dies ist kein Nachklapp zur vergangenen Themenwoche, und in den nächsten drei Tagen geht es auch um sehr unterschiedliche Filme, die durch keinen roten Faden miteinander verbunden sind. Aber Brightburn spielt wenigstens auf eine berühmte Comicbuch-Reihe an und passt insofern ganz gut als Bindeglied.

Brightburn: Son of Darkness

Kyle (David Denman) und Tori Breyer (Elizabeth Banks) wünschen sich schon lange ein Kind, können jedoch keins bekommen. Als eines Tages ein Raumschiff mit einem Baby abstürzt, betrachten sie das wie eine Antwort auf ihre Gebete. Sie ziehen den Jungen Brandon (Jackson A. Dunn) liebevoll auf, aber an seinem zwölften Geburtstag hört er auf einmal Signale aus dem Raumschiff, die wilde, unberechenbare Impulse in ihm auslösen …

Auch wenn auf dem Briefkasten der Farmer in Kansas nicht Kent, sondern Breyer steht, weiß selbst jemand, der noch nie einen Superman-Comic gelesen hat, auf wen in dieser Geschichte angespielt wird. Doch die Story unterscheidet sich wesentlich von der eines gewissen Clarks, denn Brandon ist ein psychopathischer kleiner Teufelsbraten, der seine neu entdeckten Kräfte nicht zum Wohle der Menschheit einsetzt, sondern zu seinem sadistischen Vergnügen. Brandon ist ein Serienkiller mit Superkräften, mehr Damien Thorn (Das Omen) als Clark Kent.

Streng genommen werden hier zwei Prämissen miteinander vermischt, einmal geht es um ein Kind, das Superkräfte an sich entdeckt, gleichzeitig aber auch um Eltern, die nach einer Reihe brutaler Morde ahnen, dass ihr Kind ein empathieloses Monster ist. Beides für sich funktioniert gut, in der Kombination stehen sich beide Ansätze jedoch im Weg. Das größte Problem ist, dass man nicht weiß, wessen Geschichte erzählt werden soll, die des Jungen, der von einer außerirdischen Macht auf eine sinistre Mission geschickt wird, oder die der Eltern, die vor den Trümmern ihrer Erziehung stehen und ihr geliebtes Kind nicht mehr wiedererkennen?

Die interessantere Story ist die der Eltern, und Elizabeth Banks agiert sehr gut in der Rolle der liebevollen Mutter, die lange Zeit einfach nicht wahrhaben will, was ihr Kind getan hat, die immer neue Ausreden für seine Taten findet, bis sie zuletzt zu verzweifelten Maßnahmen greift. Doch wie bekämpft man jemanden mit Superkräften? Verglichen mit den Veränderungen, die Tori durchmachen muss, verläuft die Entwicklung Brandons vom harmlosen kleinen Jungen zum Monster viel zu glatt und problemlos. Es wird ein Schalter umgelegt, und auf einmal weidet das Kind Menschen aus. Der Junge kennt keine Skrupel, und all die Jahre unter seinen Mitmenschen in einem liebevollen Zuhause sind wie weggewischt. Das ist ein bisschen zu simpel.

Der zweite Fehler, der gemacht wurde, war, den vorhandenen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Das Leugnen der Mutter dauert zu lange und mündet schließlich in einem sehr kurzen, verzweifelten Versuch, das Problem aus der Welt zu schaffen. Die Autoritäten der Kleinstadt haben dem Knirps nichts entgegenzusetzen, liefern ihm (und uns) aber wenigstens einen kurzen Kampf. Und angesichts von Brandons Natur gibt es auch keinen inneren Konflikt. So bleibt einem nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie die Gewalt langsam eskaliert – und die Darstellungen immer drastischer werden. Vielleicht hätte auch ein Quäntchen Humor nicht geschadet, um dies etwas abzumildern?

Was wollen uns Regisseur David Yarovesky und die Autoren Brian und Mark Gunn damit sagen? Die Entdeckung von Superkräften ist ja in der Regel verbunden mit der Suche nach einer neuen Identität und Aufgabe, vergleichbar mit der Pubertät. Sie handelt vom Erforschen der eigenen Kräfte und von der Frage, wie diese einzusetzen sind. Von Spiderman wissen wir: Große Macht bedeutet auch immer große Verantwortung. Bei Brandon überwiegt jedoch eher der Herrenrassengedanke. Seine physische Überlegenheit garantiert ihm einen Platz an der Spitze der Nahrungskette, und die Welt wird zu seinem Spielplatz. Soll das eine Metapher auf ein außer Kontrolle geratenes Amerika sein? Man weiß es nicht.

Der Film ist mit knapp neunzig Minuten sehr kurz und erzählt einmal eine andere Origin-Story. Doch die Fortsetzung, die sich die Macher gewünscht haben dürften, wird es nicht geben, zu erfolglos war der Streifen an den Kinokassen. Für einen launigen Abend als Kontrastprogramm zu den üblichen Superheldenfilmen taugt Brightburn jedoch auf alle Fälle.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.