Neulich wollte ich mir Shoplifters ansehen. Der japanische Film aus dem Jahr 2018 hat hervorragende Kritiken, kam auch beim Publikum gut an und gewann die Goldene Palme in Cannes. Dennoch befand er sich über ein Jahr auf meiner Watchlist, und ich konnte mich nicht überwinden, ihn einzuschalten. Doch kurz bevor er bei Prime Video verschwunden ist, dachte ich mir, dass es endlich Zeit wird.
Der Film, der von einer zusammengewürfelten „Familie“ von Kleinkriminellen handelt, die ein vernachlässigtes Kind bei sich aufnehmen, hat durchaus seine Qualitäten: Die Schauspieler sind sympathisch und die Einblicke in die Lebenswirklichkeit des japanischen Prekariats nicht uninteressant. Thematisch beschäftigt sich der Film mit der Frage, was eine Familie in ihrem Kern ausmacht, und kommt dabei zu denselben Antworten wie Armistead Maupin vor über vierzig Jahren in seinen Stadtgeschichten, in denen er den Begriff der logischen gegenüber der biologischen Familie geprägt hat.
Leider ist der Film nicht gerade flott. Die Erzählweise ist so gemächlich, man könnte fast sagen: kontemplativ, dass ich irgendwann tief und fest eingeschlafen bin. Als ich wieder wach wurde, war der Film bereits zur Hälfte vorbei, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass in dieser Zeit etwas passiert war. Zurückspulen oder einfach weitergucken? Ich bin noch einige Minuten am Ball geblieben, doch das Interesse war verpufft, und ich hatte schon vor meinem Nickerchen nicht gerade das Gefühl, dass der Film mir etwas Neues erzählt oder mich emotional berührt.
Woran es liegt, dass ich keinen Zugang finden konnte, kann ich nicht genau sagen. Vielleicht sind es die vielen gleichberechtigten Figuren, denen Autor und Regisseur Hirokazu Koreeda folgen will, wodurch eine Identifikation erschwert wird. Oder es liegt an der wenig abwechslungsreichen Handlung oder möglicherweise ganz schlicht am mangelnden Tempo. Vielleicht liegt es aber auch an der beiläufigen, semi-dokumentarischen Erzählweise, die bei mir zu viel emotionale Distanz erzeugt und mit der ich bislang in fast jedem Spielfilm gehadert habe.
Nach dieser Enttäuschung stand die Frage im Raum, was ich mit dem restlichen Abend anfangen sollte. Eine kleine Suche nach einem geeigneten Film mit hoffentlich flotterem Tempo hat mich zu einem Science-Fiction geführt, dessen Trailer solide Unterhaltung versprach und ein krasses Kontraprogramm zu Shoplifters …
First Light
Sean (Théodore Pellegrin) kümmert sich um seinen jüngeren Bruder Oscar (Percy Hynes White) und ihre demente Großmutter (Janet-Laine Green), bei der die Brüder leben. Als er auf einer Party an einem See auf seine frühere High-School-Freundin Alex (Stefanie Scott) trifft, flackern alte Gefühle wieder auf, aber sie ist inzwischen mit einem anderen liiert. In der Nacht beschließt Alex, schwimmen zu gehen – und ertrinkt beinahe. Ein geheimnisvolles Licht rettet sie, doch danach kann sie sich an fast nichts mehr aus ihrem Leben erinnern – und besitzt plötzlich übermenschliche Kräfte.
Ja, ja, Shoplifters ausschalten, weil das Tempo zu gemächlich ist, und sich dann einen dummen UFO-Film ansehen … Ich weiß, oberflächlicher geht es nicht mehr, und zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen: Mir war einfach danach. Je älter ich werde, desto weniger bin ich bereit, mir Filme anzusehen, nur weil man sie gesehen haben „muss“. Ich bin gerne bereit, jedem hochgelobten Arthaus-Film eine Chance zu geben, aber wenn er mich nicht emotional anspricht, bin ich raus.
First Light ist kein origineller oder guter Film. Sein imdB-Wert liegt bei 5,5, weshalb ich ihn mir normalerweise auch gar nicht angeschaut hätte, wäre der Trailer nicht so nett gewesen. Théodore Pellegrin kannte ich aus der Serie On Becoming a God in Central Florida mit Kirsten Dunst, wo er ziemlich gut war, und die Hauptdarstellerin agiert souverän und wirkt sehr sympathisch. Die Handlung ist, wie gesagt, alles andere als originell und erinnert an Filme wie Starman oder Chronicle, funktioniert aber gut, und insgesamt ist die Geschichte wesentlich besser als ihr imdB-Wert.
Sicher, man hätte etwas mehr aus der Handlung herausholen können, aber gemessen an seinem geringen Budget wäre es vermessen gewesen zu erwarten, dass er sich mit Filmen wie The Arrival messen kann. Die Effekte sind dennoch solide, der Kern ist eine Liebesgeschichte, in der sich der Held die Frage stellen muss, ob er bereit ist, sein Leben zu riskieren, einfach nur, weil er in der Nähe der Frau bleiben will, die er liebt. Und er hat sogar einen Funken Originalität, indem er eine etwas andere Erklärung für UFOs liefert. Definitiv kein Film, den man gesehen haben muss, aber durchweg solide Unterhaltung für Genre-Fans.
Note: 3-