Ich bin inzwischen so daran gewöhnt, bei Netflix und Prime Video nach Filmen zu suchen, dass ich manchmal ganze vergesse, dass es auch andere Anbieter gibt. Magenta hat einige, verglichen mit den anderen Streamern aber wenige Produktionen im Angebot, und auch wenn ich die meisten davon schon aus dem Kino kenne, habe ich dort neulich einen Film gefunden, der mich interessiert hat:
Searching
David (John Cho) hat ein paar Jahre zuvor seine Frau verloren und muss nun allein seine Tochter Margot (Michelle La) erziehen. Eines Tages kommt sie vom Treffen einer Lerngruppe nicht nach Hause, und David entdeckt beim Durchsuchen ihres Laptops, dass Margot einige Geheimnisse vor ihm verborgen hat. Zusammen mit Detective Vick (Debra Messing) versucht David herauszufinden, ob Margot weggelaufen ist – oder ob ihr etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte …
Das Besondere des Films offenbart sich erst auf den zweiten Blick, denn anstelle einer herkömmlichen Inszenierung hat sich Regisseur Aneesh Chaganty zusammen mit seinem Co-Autor Sev Ohanian dafür entschieden, die Geschichte ausschließlich indirekt auf einem Bildschirm stattfinden zu lassen. Das heißt, dass man nur Facetime-Anrufe, Videos, Ausschnitte aus Fernsehsendungen, Fotos usw. zu sehen bekommt, aber die Schauspieler fast nie am selben Ort miteinander agieren. Dass dies so gut funktioniert, liegt vor allem an unserer bilderbesessenen Welt, in der es mittlerweile normal ist, Bildtelefone zu benutzen oder sein Wissen aus YouTube-Clips zu beziehen. Diese Darstellungsweise ist natürlich nicht neu, sondern wurde bereits in anderen Filmen benutzt, etwa in Unknown User.
Entsprechend lernen wir Vater und Tochter anfangs auch nur über alte Videos kennen, in denen David Margots Heranwachsen dokumentiert. Wir sehen sie Geburtstag feiern oder mit ihrer geliebten Mutter Klavier spielen, bevor diese schließlich an Krebs erkrankt und stirbt. So bekommt man einen guten Einblick in das Verhältnis zwischen Vater und Tochter und erfährt eine Menge über die Familie.
Dass dies jedoch nicht genug ist, bekommt David nach Margots Verschwinden zu spüren, wenn er herausfindet, dass sie einiges vor ihm verheimlicht hat. Akribisch geht er ihre Freundesliste durch, stellt aber bald fest, dass seine Tochter nur wenigen Menschen nahe stand, sich sogar einsam gefühlt hat. Die Frage, mit wem sie sich online getroffen und wem sie sich anvertraut hat, bekommt eine immer größere Bedeutung, als sich herausstellt, dass sie möglicherweise entführt wurde.
Geschickt werden dabei einige Themen verarbeitet, die für die heutige Jugend, die mit den Sozialen Medien aufgewachsen ist, wichtig sind: die Selbstinszenierung im Netz, die Einsamkeit trotz Hunderter Freunde auf Instagram und die gleichzeitige Nähe zu Personen, denen man nie begegnet ist und von denen man nicht einmal weiß, ob sie die sind, für die sie sich ausgeben.
Im Grunde handelt die Story von einer klassischen Ermittlung in einem Vermisstenfall. Das hat man oft gesehen und ist auch über weite Strecken nicht sonderlich spannend. Auch die Form der Inszenierung nutzt sich mit der Zeit ab, funktioniert aber aufgrund des Charakters der Story dennoch gut – eine Liebesgeschichte wäre sicherlich weniger glaubwürdig. Erst in der zweiten Hälfte des Films zieht die Spannung langsam an, um schließlich im letzten Akt, nach ein, zwei gelungenen falschen Fährten, zu einem unerwarteten Showdown zu führen. So bleibt der Film nicht nur wegen seiner ungewöhnlichen Inszenierungsart in angenehmer Erinnerung.
Note: 3
Wegen eines unerwarteten, extrem hohen Arbeitsaufkommens muss ich meine Beiträge für Dienstag und Mittwoch leider ausfallen lassen, aber nächste Woche geht es wieder weiter…