Code 8

Superhelden, ob aus bekannten oder weniger bekannten Comics oder aus der Feder von Drehbuchautoren, erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit und sind aus unserem Unterhaltungsprogramm nicht mehr wegzudenken. Seit Corona kommt jedoch kein Nachschub mehr, und wenn wir Glück haben, werden wir diesen Herbst noch New Mutants, Wonder Woman 1984 und Black Widow auf der großen Leinwand erleben, aber bis dahin? Nun, vor einiger Zeit ist bei Amazon Prime Code 8 erschienen, der von Menschen mit besonderen Fähigkeiten handelt, auch wenn es keine Superhelden sind. Ich habe ihn mir neulich angeschaut.

Code 8

Connor (Robbie Amell) gehört zu jenen vier Prozent der Bevölkerung, die besondere Fähigkeiten besitzen – und daher ausgegrenzt werden. Jobs zu finden ist für sie nicht einfach, zumal die Automatisierung viele ihrer Begabungen überflüssig gemacht hat. Doch Connor braucht dringend Geld für die Krebsbehandlung seiner Mutter (Kari Matchett). Als „Elektro“ kann er Stromflüsse manipulieren, Alarmanlage ausschalten und Blitze schleudern, was ihn für den Drogengangster Sutcliffe (Greg Bryk) besonders begehrt macht. Wider besseres Wissen lässt sich Connor auf den Bandenchef ein – und gerät schon bald ins Visier der Polizei…

Der Film beginnt mit einer interessanten und gut gemachten Montage aus fiktivem Nachrichtenmaterial, das die Situation der „machtbegabten Menschen“ von den Fünfzigern bis zur Gegenwart zusammenfasst. Waren sie früher begehrte Bauarbeiter, wurden sie schließlich mehr und mehr von Robotern und Maschinen ersetzt und marginalisiert. Nun steht sogar ein Verbot des Einsatzes ihrer Kräfte im Raum. Die Absicht dahinter ist eine kaum verhüllte Kritik an der Globalisierung und Automatisierung unserer Gesellschaft, in der ein ungelernter Arbeiter kaum noch eine Chance hat, einen gut bezahlten Job zu finden und am sozialen Leben teilzuhaben. Gleichzeitig zielt die Kritik auch auf die Einwanderungspolitik der USA ab, die früher zahlreiche asiatische und lateinamerikanische Arbeiter ins Land geholt hat, nun aber weitere Migration verhindern will.

Darüber hinaus geht es auch um eine neue und beliebte Droge, die aus dem Rückenmark dieser Außenseiter gewonnen wird und für manche tatsächlich die einige Möglichkeit darstellt, Geld zu verdienen. Der Schritt vom Outlaw zum Gangster und Drogenbaron ist daher ein sehr kleiner. Im Grunde hätte es diesen Einfall nicht gebraucht, um eine solide Geschichte zu erzählen. Connors Not ist schnell vermittelt, dass er sich so um seine kranke Mutter kümmert, macht ihn sympathisch, und der Rest ist im Grunde ein durchschnittliches Heist-Movie.

Ob die Räuber nun Superkräfte besitzen oder nicht, spielt dabei keine so große Rolle, sorgt aber für die eine oder andere cool inszenierte Aktion. Hinzu kommen die Rivalitäten zwischen den einzelnen Gangmitgliedern, eine noch gemeinere Organisation, die hinter Sutcliffe steht und diesen bedroht, sowie zwei Polizisten, die ihnen auf den Fersen sind.

Trotz dieser ordentlichen Storyelemente gelingt es dem Autor Chris Pare sowie dem Regisseur Jeff Chan, von dem die Idee zum Film stammt, leider nicht, große Spannung zu erzeugen. Es gibt nur einen interessanten Twist, den man jedoch bereits früh kommen sieht, sowie nur wenige Figuren mit Ecken und Kanten. Die interessanteste ist noch die drogensüchtige Nia (Kyla Lane), die eine besondere Begabung besitzt und für Connor daher von großem Interesse ist.

Der Film wurde vom Hauptdarsteller Robbie Amell und seinem Cousin Stephen Amell, der in Code 8 ebenfalls eine größere Rolle als Gangster spielt, zusammen mit Jeff Chan auf den Weg gebracht. Zuerst war das Projekt ein Kurzfilm, dann folgte nach einer überaus erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne dieser Langfilm, eine Spin-Off-Serie ist bereits in Planung. Vielleicht wird diese ja besser.

Alles in allem ein solider Heist-Thriller, wie man ihn schon häufig gesehen hat, mit einem sympathischen Helden und anderen Menschen mit Superkräften. Ein netter Zeitvertreib.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.