Kaum zu glauben, aber die erste Hälfte des Jahres ist bereits vorbei. Wer hätte an Silvester gedacht, dass 2020 ein so … herausforderndes Jahr sein würde? Oder dass wir uns ständig die Hände waschen und in der Öffentlichkeit Masken tragen müssen? Unter normalen Umständen würde ich jetzt an meiner Halbjahresbilanz schreiben und überlegen, welche Filme bislang in meinen Top Ten auftauchen, aber unter den gegebenen Umständen verzichte ich lieber darauf und hoffe, dass ich bis Jahresende eine ordentliche Auswahl zusammenbekomme.
Solange es im Kino eine eher begrenzte Auswahl an Filmen gibt, müssen wir uns bei den Streamingdiensten umschauen. Auch hier sind gute Komödien rar, aber hin und wieder stößt man zufällig auf einen Film, der tatsächlich gelungen ist …
Meine geliebte Unbekannte
2008 hat Raphaël (François Civil) mehr den Science-Fiction-Roman im Kopf, den er schreiben will, als die Abiturarbeiten. Dann wird er eines Abends von Klavierspiel angezogen und lernt so Olivia (Joséphine Japy) kennen. Die beiden verlieben sich und werden ein Paar, heiraten später sogar. Olivia ist eine begnadete Pianistin, die viele Preise bekommt, ihre Arbeit aber hintan stellt, als Raphaël zum Bestsellerautor aufsteigt. Zehn Jahre später ist ihm der Ruhm zu Kopf gestiegen, er vernachlässigt seine Frau, tötet sogar ihr Alter Ego im Roman. Nach einem heftigen Streit erwacht er schließlich in einer Parallelwelt: Hier ist Raphaël ein einfacher Lehrer und Olivia eine gefeierte Pianistin. Um wieder in sein altes Leben zurückgelangen zu können, glaubt Raphaël, die Liebe seiner Frau erneut erringen zu müssen …
Wie alle romantischen Komödien erzählt auch Meine geliebte Unbekannte nichts Neues. Alternative Lebensläufe hat man bereits 1998 in Sie liebt ihn – sie liebt ihn nicht gesehen, und Parallelwelten kamen seither häufiger in Serien und Filmen vor. Aber dies ist nur der Aufhänger für eine Geschichte, die im Grunde vom Verlieren und Wiederfinden der Liebe handelt, nur mit dem Umstand, dass die verlorene Liebe sich nicht an die gemeinsame Zeit erinnern kann.
Warum es in der Parallelwelt nicht zu der Begegnung zwischen Raphaël und Olivia gekommen ist, wird seltsamerweise nie erörtert, wie auch der Held in Bezug auf sein neues Leben arg desinteressiert zu sein scheint. Es zählt für ihn einzig und allein die Rückgewinnung seiner Frau. Ihm zur Seite steht dabei sein bester Freund aus Jugendtagen (Benjamin Lavernhe), der für den nötigen Humor sorgt. Leider ist dieser recht altbacken, mitunter sogar an der Grenze zum Fremdschämen, so dass man beinahe froh sein kann, dass er in quasi homöopathischen Dosen eingesetzt wird.
Der Schwerpunkt liegt also, wie gesagt, auf der Liebesgeschichte, und die kommt so wunderbar charmant und schwebend daher, wie es nur die Franzosen erzählen können. Es hilft, dass die beiden Hauptdarsteller ungemein sympathisch sind und eine so tolle Chemie besitzen, dass man ihnen die große Liebe nicht nur sofort abkauft, sondern gerne Zeit mit ihnen verbringt.
Alles in allem ein zwar harmloser, aber rundherum fröhlicher, leichter und unterhaltsamer Film, perfekt für einen launigen Sommerabend.
Note: 2-