In den USA lief der Dokumentarfilm Three Identical Strangers im Kino, und ich habe mir damals den Trailer angesehen. Dieser hat mich neugierig gemacht, auch wenn es diese Geschichten von bei der Geburt oder wenig später getrennten Geschwistern, die sich nach Jahrzehnten wiedersehen, zu Hauf gibt. Leider verschwand der Film dann von der Bildfläche – um nun bei Amazon Prime aufzutauchen. Die Suche entpuppte sich dann als Problem: Für den Originaltitel, unter dem mir der Film allein bekannt war, gab es keinerlei Einträge. Erst eine kurze Internetrecherche führte zum passenden Ergebnis: Man hatte den Titel eingedeutscht. Nur so als Tipp für Interessierte …
Drei gleiche Fremde
1980 beginnt Bobby sein Studium an einem College in Neu-England. Als er dort eintrifft, wird er allerdings mit großem Hallo empfangen: Fremde klopfen ihm auf die Schultern, Frauen busseln ihn ab. Ein Kommilitone, der seine Unsicherheit bemerkt, löst als Erster das Rätsel, indem er Bobby zwei Fragen stellt: Wurdest du adoptiert? Und ist dein Geburtstag der 12. Juli? Es stellt sich heraus, dass Bobby einen Zwillingsbruder namens Eddy hat, von dem er nichts wusste und der im Vorjahr am selben College war…
Der Anfang dieser Doku ist hochemotional und doch voller Klischees von den Geschwistern, die früh getrennt wurden, sich nicht einmal aneinander erinnern können und durch einen großen Zufall wieder zusammenfinden. Hat man alles schon gehört und gelesen, rührt einen aber immer noch an. Human-Interest-Stories.
Dieser Fall ist jedoch anders, denn es bleibt nicht bei dem Wiedersehen mit dem Zwillingsbruder. Nachdem die beiden sich gefunden haben, geht der Fall wie üblich durch die Presse. Überall im Land wird darüber berichtet, und so schlägt eines Morgens David die Zeitung auf und starrt in sein eigenes Gesicht – noch dazu im Doppelpack. Es stellt sich heraus, dass es Drillinge waren, die als Babys von derselben Agentur vermittelt wurden.
Aus einer rührenden Geschichte wird eine Mediensensation. Die Drillinge machen damit sogar eine beispiellose TV-Karriere, die sie in sämtliche Talkshows und auf die Titelseiten der Zeitschriften bringt. Sogar ein Cameo in Susan, verzweifelt gesucht gehört zu ihrer Vita, nachdem Madonna sie auf der Straße erkannt und dazu eingeladen hatte.
Eigentlich könnte der Film an dieser Stelle fast zu Ende sein. Man erfährt ein wenig über die vielen Gemeinsamkeiten der drei jungen Männer, ihre Eskapaden in New York, dem gemeinsamen Restaurant, das sie eröffnen. Aber dann nimmt der Film eine unerwartete Wendung.
Plötzlich geht es auch um psychische Erkrankungen, die möglicherweise vererbt werden, und so langsam dämmert es einem, warum bisher nur zwei der drei Brüder im Interview zu sehen ist. Die Geschichte wird tragisch – und gleichzeitig auch düster.
Je weniger man weiß, desto besser. Die Macher Tim Wardle und Grace Hughes-Hallett berichten nämlich von einem so unglaublichen und weitreichenden Skandal, dass man sich unwillkürlich fragt, wie so etwas in Amerika passieren konnte. Und als Zuschauer bleibt man fassungslos und ein wenig verstört zurück.
Eine intensive, immer wieder überraschende und zutiefst beunruhigende Geschichte.
Note: 3+