Guy Ritchie hat 1998 mit Bube Dame König grAS quasi im Alleingang das rotzige britische Gangsterthriller-Genre mit tarantinoeskem Einschlag begründet und kehrt in schöner Regelmäßigkeit dahin zurück. Die Filme ähnlich sich, spielen meist in der britischen Unterwelt, haben bisweilen skurrile Charaktere und vor allem eine Menge Dialoge aufzuweisen. Ein weiteres Markenzeichen ist die komplexe und verschachtelte Erzählweise, die in zahllose Nebenstränge mäandert und so viele Wendungen besitzt wie die Rennstrecke des Nürburgrings.
Jetzt ist sein jüngstes Werk in unseren Kinos gestartet, und ich war gleich am ersten Tag dabei.
The Gentlemen
Der Journalist Fletcher (Hugh Grant) sucht Ray (Charlie Hunnam) auf, die rechte Hand des Gangsterbosses Mickey Pearson (Matthew McConaughey), der den Marihuana-Handel in London kontrolliert. Fletcher wurde von seinem Boss, dem Verleger Big Dave (Eddie Marsan) auf Mickey angesetzt, nachdem dieser ihn bei einem gesellschaftlichen Anlass düpiert hat. Nun sinnt Dave auf Rache und will Schmutz über den Gangsterboss in Erfahrung bringen, doch Fletcher bietet stattdessen Ray an, die Story zu kaufen und verschwinden zu lassen. Der Journalist hat nämlich herausgefunden, dass Mickey sich zur Ruhe setzen und sein Geschäft an den jüdischen Gangster Matthew (Jeremy Strong) verkaufen will. Doch dann bekommt Mickey plötzlich ein Gegenangebot von Dry Eye (Henry Golding), das lächerlich gering ist, zudem wird eine seiner geheimen Plantagen überfallen, und plötzlich steckt er mitten in einem Bandenkrieg …
Man kann sagen, Ritchie ist sich wieder einmal treu geblieben. Erneut versammelt er eine illustre Schauspielerschar um sich, die mit viel Spaß an der Freud ihre Figuren auslebt und in der absurden Geschichte aufgeht. Neben den genannten Darstellern sind auch noch Michelle Dockery und Colin Farrell dabei, für die Ritchie ein paar sehr schöne Szenen geschrieben hat. Überhaupt sind das Beste an diesem Film die vielen amüsanten Details und bizarren Situationen, die perfekt inszeniert sind.
Die Geschichte an sich ist trotz ihrer Komplexität recht einfach und nur anfangs etwas schwer zu durchschauen, weil man nicht weiß, wer zu wem gehört. Bis erst einmal jede Figur vorgestellt und die Story etabliert wurde, vergeht jedoch einige Zeit – und leider passiert dabei recht wenig. So ist die erste Hälfte des Films leider erstaunlich zäh, besitzt überraschend wenig Humor, dafür aber einige Längen.
Erst in der zweiten Hälfte gewinnt der Thriller an Fahrt und steigert sich dann bis zu seinem grotesken Finale. Ein paar nette Überraschungen gibt es obendrein, von denen mindestens eine ein wenig aus dem Hut gezaubert wirkt, aber dennoch gut funktioniert. Leider schleichen sich auch ein, zwei ärgerliche Patzer ein.
Vermutlich hat Ritchie mit dem Film auch einen Kommentar zur heutigen britischen Gesellschaft abgeben wollen, in dem selbst die Gangster nach Manieren, maßgeschneiderter Kleidung und Bildung streben und sich kaum noch von der Oberschicht unterscheiden, im Gegenteil, sie paktieren miteinander und gehen dabei eine Symbiose ein, die im Grunde die Gesellschaft von innen heraus zersetzt. Ob man mit Marihuana oder Nachrichten handelt, spielt keine Rolle mehr, Gangster sind sie alle und Gentlemen auch. Das wirkt in dieser Ballung etwas zu sehr konstruiert, was noch durch denselben Sprachduktus verstärkt wirkt, der auf Dauer etwas ermüdet. Aber möglicherweise ist dies auch der Synchronisation geschuldet.
Alles in allem ein typischer Gangsterfilm von Guy Ritchie, am Anfang etwas lahm, später dann flott und amüsant.
Note: 2-