Ruth Bader Ginsburg ist eine amerikanische Ikone, die weit über die Grenzen ihres Heimatlandes bekannt ist. In den USA gibt es Kinder, die sich zu Halloween als sie verkleiden oder mit ihrer Actionfigur spielen – für eine Bundesrichterin sicherlich einzigartig. 2018 kam der sehr sehenswerte Dokumentarfilm RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit heraus, der sich mit ihrem Leben und ihrer Karriere beschäftigte, und ein halbes Jahr später ein Bio Pic. Letzteres ist bei Netflix abrufbar.
Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit
Mitte der Fünfziger beginnt Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) ihr Jura-Studium in Harvard – als eine von nur neun Frauen unter 500 Männern. Bei dem Begrüßungsessen bei Dekan Griswold (Sam Waterston) wird sie daher auch prompt gefragt, warum sie einem Mann den Platz weggenommen hat – und überrascht mit einer pfiffigen Antwort. Von da an weiß man, dass sie sich mit dem Establishment anlegen wird. Ruth will die Gesellschaft verändern und vor allem gegen die gesetzlich verankerte Ungleichbehandlung von Frauen kämpfen. Ihr Mann Martin (Armie Hammer) unterstützt sie dabei nach Kräften. Das Paar muss dabei einige Widerstände überwinden, zunächst Martins lebensbedrohliche Krebserkrankung und dann die ständigen Zurückweisungen Ruths in der Welt der Anwaltskanzleien. Ruth wird zunächst Professorin, doch ihre große Stunde schlägt, als Martin 1970 einen Fall für sie entdeckt, der das Zeug hat, die amerikanische Gesellschaft für immer zu verändern …
On the Basis of Sex ist der wesentlich griffigere Originaltitel des Films. Wie ein gutes Bio Pic konzentriert sich der Film auf eine entscheidende Phase im Leben der Protagonistin und schildert zunächst ihre Studienjahre, in denen sie sich in einer von Männern dominierten Umgebung behaupten muss, und der ersten Berufsjahre, in denen sie trotz exzellenter Noten und beeindruckender Arbeiten permanent zurückgewiesen wird. Weil sie eine Frau ist. Das Thema der Ungleichbehandlung zieht sich also von Anfang an wie ein roter Faden durch die Handlung.
Die Figuren werden liebevoll und solide geschildert, auch wenn man über ihre berufliche Leidenschaft hinaus nicht viel über sie erfährt. In jeder Szene wird aber deutlich, wie sehr die beiden einander zugetan sind, sich gegenseitig fördern und unterstützen. Felicity Jones und Armie Hammer spielen ihre Rollen gut, werden allerdings auch nicht gerade gefordert. Auch die Regie von Mimi Leder ist durchweg solide, allerdings wenig originell.
Der Film lebt von dem entscheidenden Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen, der mit einem einzelnen Fall beginnt – in dem es um die Benachteiligung eines Mannes geht. Wie es sich für ein Gerichtsdrama gehört, werden hier die unterschiedlichen Seiten vorgestellt, wobei die „Bösewichter“ des Justizministeriums, zu denen mittlerweile auch Griswold gehört, nicht unbedingt als Finsterlinge dargestellt werden, sondern als konservative Bewahrer einer Gesellschaftsordnung, die mittlerweile von der Realität überholt wurde. Es ist der alte Kampf progressiver Kräfte gegen das Establishment, das nicht von seiner Macht lassen und Veränderungen akzeptieren will – was den Film ungeheuer aktuell und hochpolitisch macht. Natürlich sind alle Gegenspieler Ruths männlich und weiß …
Vielleicht hätte man den Film noch ein wenig dramatischer und packender inszenieren können, aber gerade seine Sachlichkeit macht ihn reizvoll und faszinierend.
Note: 3+