In Hollywood wird gerade gefastet. Zumindest die Stars, die am Sonntag zur Oscarverleihung gehen, befinden sich momentan vermutlich auf Diät, um auf dem roten Teppich eine möglichst gute Figur zu machen. Und wer dennoch heimlich sündigt, muss halt auf Spanx zurückgreifen.
Heuer gab es keine großen Kontroversen wie im vergangenen Jahr, allenfalls dieselben Unstimmigkeiten wie zuvor, die erneut damit zu tun haben, dass kaum Frauen und Nicht-Weiße in den Hauptkategorien nominiert wurden. Veränderungen dauern lange, vermutlich länger als der gerade laufende Prozess gegen Harvey Weinstein.
Wie immer wage ich mich an eine Prognose für Sonntag, und wie immer bin ich relativ ratlos. Auch in diesem Jahr habe ich keinen eindeutigen Favoriten, immerhin ist aber auch kein Film dabei, dem ich überhaupt keinen Preis gönnen würde. Insofern sehe ich mir das Spektakel am Wochenende ziemlich gelassen an und rechne halb damit, zwischendurch einzuschlafen.
Wie schon bei den Golden Globes ist wohl mit einer Preisverteilung nach dem Gießkannenprinzip zu rechnen. Die Frage ist nur, wer welchen Oscar bekommt. Und hier gibt es dann durchaus Raum für Überraschungen.
Beginnen wir also mit den Kategorien, von denen ich die wenigste Ahnung habe, und wie immer lasse ich ein paar aus (Tonschnitt, Make-up u.a.).
Beste Original Musik: Hier gilt Hildur Guonadóttir (Joker) als Favoritin und wird wohl auch gewinnen, obwohl mir der Score von Thomas Newman in 1917 auch sehr gut gefallen hat.
Bester Song: schwierig, da ich nur zwei Filme in der Kategorie gesehen habe, daher tippe ich auf Elton John und Bernie Taupin für (I’m Gonna) Love Me Again aus Roketman.
Bester Schnitt: hier kann ich mich nicht entscheiden. Ich sage mal Le Mans 66 bekommt hier einen technischen Trost-Oscar.
Beste Kostüme: Little Women sollte als Kostümfilm eigentlich die Nase vorn haben. Aber auch Once Upon a Time in Hollywood würde mich nicht wundern.
Beste Ausstattung: Once Upon a Time in Hollywood sagt mir mein Gefühl. Wenn ich daneben liege, stimmt wohl etwas mit meinen Gefühlen nicht …
Beste Kamera: Das sollte Roger Deakins für 1917 werden. Hoffe ich jedenfalls.
Bester animierter Film: für mich ist es Toy Story – Alles hört auf kein Kommando. Weil es der einzige aus der Kategorie ist, den ich gesehen habe.
Bester fremdsprachiger Film: Das kann nur Parasite sein.
Bestes Original-Drehbuch: Quentin Tarantino hat zwar schon ein paar Oscars, aber warum nicht? Hier könnte ich mir aber auch eine Überraschung vorstellen.
Beste Drehbuch-Adaption: Greta Gerwig wäre die richtige Wahl. Aber ich vermute eher, dass der Preis an Jojo Rabbit geht.
Beste Nebendarstellerin: Laura Dern hat seit den Golden Globes wohl die Nase vorn, aber es würde mich nicht wundern, wenn es hier eine Überraschung gäbe.
Bester Nebendarsteller: alle Nominierten haben bereits einen Goldjungen. Ich sollte wohl Brad Pitt sagen, aber ich hoffe sehr, es wird Al Pacino für seine großartige Leistung in The Irishman.
Beste Hauptdarstellerin: Renée Zellweger gilt als gesetzt.
Bester Hauptdarsteller: an Joaquin Phoenix führt kein Weg vorbei.
Beste Regie: hier tippe ich auf Sam Mendes.
Bester Film: 1917 hat mir am besten gefallen.
Ich schätze mal, The Irishman wird wie bei den Golden Globes erneut der große Verlierer des Abends werden. Ob Parasite es tatsächlich schafft, das amerikazentrierte Hollywood davon zu überzeugen, ihm einige Hauptpreise zu verleihen, ist zweifelhaft, aber nicht völlig ausgeschlossen. Ich rechne eher nicht damit. Ansonsten glaube ich, dass der Abend nur wenige Überraschungen bringen wird, aber Genaues wissen wir dann am Sonntag …