1917

Bevor am Sonntag die Oscars verliehen werden, versuche ich, noch so viele nominierte Filme wie möglich zu sehen. Das ist in diesem Jahr besonders leicht, da fast alle bereits gestartet sind. Deshalb war ich letzte Woche gleich auch dreimal im Kino …

1917

Am 6. April 1917 erhält Blake (Dean-Charles Chapman) von General Erinmore (Colin Firth) einen Auftrag: Er soll einen Befehl überbringen, mit dem ein für den nächsten Morgen geplanter Angriff eines Bataillons abgewendet werden soll, da es Gefahr läuft, vom deutschen Gegner in eine tödliche Falle gelockt zu werden. Da auch Blakes Bruder (Richard Madden) zu den gefährdeten Soldaten gehört, ist dieser Auftrag für ihn auch von persönlicher Dringlichkeit. Zusammen mit seinem Freund Schofield (George McKay) macht er sich auf den Weg hinter die feindlichen Linien …

Sam Mendes, der auch als Co-Autor fungierte und sich von Erzählungen seines Großvaters inspirieren ließ, inszenierte den Film als eine scheinbar einzige Einstellung. Dank geschickter Kameraführung (Roger Deakins übertrifft sich wieder einmal selbst) und moderner Computertechnik fällt tatsächlich kaum auf, dass der Film aus mehreren Sequenzen besteht, die geschickt miteinander montiert wurden. Alfonso Cuarón hat dies bereits in Children of Men meisterhaft vorgeführt, allerdings in einem begrenzteren Umfang. Auch Alfred Hitchcock hat bereits damit experimentiert, einen Film (Cocktail für eine Leiche) in nur einer Einstellung zu drehen.

In der Tat entsteht so ein Sog, dem man sich als Zuschauer nur schwer entziehen kann und der eine Intensität entstehen lässt, die gut zur Dringlichkeit des Auftrags passt. Auf der anderen Seite vermisst man hin und wieder durchaus einen Gegenschuss oder den Schnitt auf eine andere Perspektive. Auch Großaufnahmen sind eher eine Seltenheit. Das größte Problem ist jedoch, dass die Geschichte es erfordert, Zeitsprünge zu machen, da der Weg der beiden Soldaten wesentlich länger dauert als die zwei Stunden Laufzeit. Es gelingt Mendes aber recht gut, mit diesen Schwächen umzugehen. Nötig wäre es aber nicht gewesen, hätte er sein Experiment kleiner ausfallen lassen.

Insgesamt wird eine sehr geradlinige Geschichte erzählt. Es gibt ein Ziel, zwei entschlossene Helden und jede Menge Hindernisse. Für erzählerische Raffinesse ist da kein Platz. Dafür punktet Mendes mit viel Spannung und einigen bemerkenswerten Episoden. Auch eine große Überraschung gibt es, über die hier aber nichts verraten wird, die ein geübter Zuschauer aber schon recht bald erahnt.

Die beiden Hauptdarsteller machen ihre Sache gut, werden zwar physisch, aber nicht unbedingt schauspielerisch gefordert. Als Menschen bleiben sie einem weitgehend fremd und wirken eher austauschbar, obwohl es durchaus den einen oder anderen emotionalen Moment gibt. Alle anderen Figuren tauchen nur in wenigen Szenen auf, dafür sind fast alle Rollen hochkarätig besetzt (z.B. mit Benedict Cumberbatch oder Mark Strong).

Erst gegen Ende schleichen sich ein paar Längen in die Handlung, wenn die Verve, mit der der Film beginnt, langsam nachlässt und man sich nur noch wünscht, dass endlich das Ziel erreicht wird. Und am Schluss gibt es dann noch ein klein wenig Pathos und ein poetisches Schlussbild, das den Film perfekt abrundet.

Spannend und toll inszenierter Film über den Ersten Weltkrieg mit nur wenigen Schwächen. Sehenswert.

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.