Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass ich ein großer Fan historischer Stoffe bin. Gerade zur Weihnachtszeit bin ich nicht der Einzige, der sich in wohliger Nostalgie ergeht und von alten Zeiten träumt, sonst liefen nicht so viele Filme und Serien dieses Genres an den Feiertagen. Weihnachten ohne Der kleine Lord oder Sissi – undenkbar.
Vor einigen Monaten kam der Sony Entertainment-Sender neu zu meinem TV-Paket hinzu, und in dessen Mediathek befindet sich die Serie Poldark, eine britische BBC-Produktion, die auf der zwölfteiligen Romanreihe von Winston Graham basiert, die bereits einmal Mitte der Siebziger verfilmt worden war. So kam ich in den Genuss, gleich die gesamte Serie auf einmal anschauen zu können, denn die finale fünfte Staffel wurde kürzlich ausgestrahlt. Für mich eine kleine Entdeckung.
Poldark handelt von Ross Poldark (Aidan Turner), einem verarmten Land- und Minenbesitzer aus Cornwall, und dessen Familie. Die Serie beginnt 1783 mit seiner Rückkehr aus dem verlorenen Krieg gegen die rebellierenden Kolonien in Amerika. Ross muss feststellen, dass sein Vater inzwischen verstorben ist und ihm nichts als Schulden hinterlassen hat. Außerdem ist seine Jugendliebe Elizabeth (Heida Reed) nun mit seinem Cousin Francis (Kyle Soller) verlobt.
Ross kehrt auf sein heruntergewirtschaftetes Anwesen zurück, versucht, die alte Mine seines Vaters wieder zu eröffnen und nimmt ein junges Mädchen auf, das aus einer armen Familie stammt und praktisch auf der Straße lebt. Demelza (Eleanor Thomlinson) entpuppt sich sehr schnell nicht nur als Schönheit, sondern auch als kluge, beherzte Frau, ideal für die harte Arbeit auf der Farm. Es sind eher pragmatische Gründe, warum Ross sie und nicht eine der zarten Töchter der anderen Grundbesitzer heiratet, die ihm ständig angetragen werden. Er mag zwar arm sein, aber seine Familie zählt zu den ältesten Geschlechtern der Grafschaft, worauf sie sehr stolz ist.
Eine vornehme Herkunft lässt sich nicht kaufen, das muss auch George Warleggan (Jack Farthing) erfahren, der zusammen mit seinem Onkel (Pip Torrens) eine Bank betreibt und so zu großem Reichtum gekommen ist, als Enkel eines Schmieds aber gesellschaftlich nicht anerkennt wird. Er beneidet Ross daher glühend um dessen Herkunft, aber auch um seine gewinnende Art, den natürlichen Charme – und vor allem um Elizabeth. George ist ebenso leidenschaftlich in sie verliebt wie Ross, doch Elizabeth, die immer noch Gefühle für Ross hat, heiratet dennoch Francis.
Der große Erfolg der Serie beruht auf der bewährten Mischung aus romantischen Verstrickungen einerseits und der Rivalität zwischen Ross und George andererseits. Das emotionale Herz der Serie sind jedoch Ross und Demelza, deren Beziehungsprobleme erstaunlich modern sind, von Eifersucht, Betrug und Vergebung handeln. Die Autoren geben sich viel Mühe, die Figuren vielschichtig zu gestalten, sie mit widerstreitenden Gefühlen auszustatten und somit das Porträt einer Ehe zu zeichnen, das nichts Märchenhaftes besitzt. Dass Ross sich nach wie vor zu Elizabeth hingezogen fühlt, ist für den Zuschauer schwierig nachzuvollziehen, denn Demelza ist weitaus klüger und interessanter geschrieben und Eleanor Thomlinson eine faszinierende schauspielerische Entdeckung.
Auch mit Ross hadert man als Zuschauer häufig, denn er ist ungestüm, impulsiv und beinahe übertrieben rechtschaffen. Da er häufiger handelt, bevor er nachdenkt, gerät er öfter in Schwierigkeiten, aber da er auch raffiniert und einfallsreich ist, kann er immer wieder seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Mitunter buchstäblich. Kein perfekter Held und auch nicht die interessanteste Figur der Serie, aber jemand, mit dem man mitfiebern kann.
Die Themen sind breit gefächert. Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund der Französischen Revolution und den heraufziehenden Kriegen gegen Napoleon und umfasst nahezu zwanzig Jahre. Es geht um Bergbau, soziale Ungerechtigkeit, Schmuggel, die Abschaffung des Sklavenhandels und die nationale Politik. Wie es die Umstände (oder der Autor) so will, geraten George und Ross dabei immer wieder aneinander und stehen auf gegnerischen Seiten der jeweiligen Konflikte. Wie ein guter Schurke greift George dabei öfter auf gemeine Tricks zurück, ist jedoch alles andere als ein Klischee-Bösewicht. Man kann verstehen, was ihn antreibt, seine Motive nachvollziehen, auch wenn man seine Methoden missbilligt.
Auch alle anderen Figuren der Serie sind präzise geschildert und mitunter vielschichtig angelegt. Es gibt auch einige bemerkenswerte Frauenfiguren wie die reiche Erbin Caroline (Gabriella Wilde), die sich in einen einfachen Arzt (Luke Norris) verliebt, der der beste Freund von Ross ist. Einige schrullige Nebenfiguren runden das insgesamt sehr überzeugende Ensemble ab.
Alles in allem hat die Serie alles, was man sich von einem Historiendrama erhofft, ist üppig ausgestattet und wendungsreich geschrieben. Die perfekte Unterhaltung für einen langen Winterabend.