White House Down

Nachdem ich mich gestern mit Lone Ranger auseinandergesetzt habe, folgt heute ein weiterer Film aus der Reihe: Sommerblockbuster, die an der Kasse enttäuschten. Disney hat sich inzwischen ja von Bruckheimer getrennt, so schmerzlich wurde der Verlust (angeblich bis zu 200 Millionen Dollar) empfunden – vermutlich kamen auch noch andere Gründe hinzu, aber so klingt es besser und macht die Sache noch eine Spur dramatischer. Das kommt eben davon, könnte man jetzt sagen, wenn man auf „tentpoles“ setzt. Knickt ein Pfosten ein, kracht einem unter Umständen das ganze Zelt auf den Kopf. Wer schon mal zelten war, kennt das Problem.

Lone Ranger ist kein schlechter Film, er war nur nicht so gut, dass er die Massen mobilisieren konnte, die er gebraucht hätte. Vielleicht lag es an der filmischen Konkurrenz, vielleicht hatten die Leute keine Lust, einen Western zu sehen, oder sie wollten einfach keine Jack-Sparrow-Imitation sehen, nicht einmal von Johnny Depp. Manchmal hat ein Film einfach kein Glück, und manchmal kommt auch noch Pech dazu.

White House Down hatte dieses Pech, weil 2013 ein weiterer Film in die Kinos kam, der nach demselben Muster erzählt wurde: Olympus Has Fallen. Aber ersterer hat immerhin Roland Emmerich zum Regisseur, den Master of Desaster. Was meist viel Action, explodierende Landmarken und den drohenden Weltuntergang bedeutet. Doch diesmal ging die Welt nicht unter, dafür aber der Film in den USA an den Kassen – vielleicht weil die Apokalypse nicht auf dem Programm stand? Oder weil die amerikanische Öffentlichkeit genug von der realen Politik des Weißen Hauses hat? Oder waren zwei Filme über einen Überfall auf das Weiße Haus zu viel? Wie auch immer, wie ist nun der Film?

White House Down

Cale (Channing Tatum) will unbedingt zum Secret Service, um Leibwächter des Präsidenten zu werden, doch Sicherheitschefin Finnerty (Maggie Gyllenhal) lehnt ihn ab. Als er zusammen mit seiner Tochter das Weiße Haus besichtigt, werden sie und alle anderen Besucher von Terroristen als Geiseln genommen. Cale bleibt als einziger ausgebildeter Kämpfer übrig und bekommt die Aufgabe, den Präsidenten (Jamie Foxx) zu retten. Aber er will auch seine Tochter befreien…

Was ist nur mit Roland Emmerich los? Zuerst Shakespeare, nun ein Actionfilm à la Stirb langsam? Sind dem Mann die Weltuntergangsszenarien ausgegangen? Immerhin geht es in White House Down auch um die Codes für Atomwaffen und den drohenden Dritten Weltkrieg, also so ganz hat der Gute sein Lieblingsthema nicht aufgegeben, und außerdem geht wieder einmal so einiges zu Bruch, dennoch ist vieles anders, als man es von ihm gewohnt ist. So konzentriert sich die Handlung weitgehend auf wenige Schauplätze in Washington, und auch das patriotische Pathos, das sonst in seinen Filmen wuchert wie Unkraut, wird weitgehend klein gehalten (abgesehen von einer unglaublich peinlichen Szene gegen Ende).

Alles in allem hat man aber eher das Gefühl, ein Remake oder zumindest ein Sequel von Stirb langsam zu sehen, und fragt sich unwillkürlich, wo Bruce Willis bleibt. Und vielleicht ist es ja als Hommage gemeint, wenn Channing Tatum ebenfalls im Feinrippunterhemd herumläuft? Nach einem ziemlich flotten Anfang, geht dem Film in der zweiten Hälfte allerdings die Puste aus, zumal die Ereignisse immer unlogischer und die Intrigen immer verworrener werden. Aber das ist eben auch Emmerich, der mehr von Action und Schauwerten als von Logik hält.

Insgesamt kein richtig schlechter Film, aber sicherlich keiner, für den Emmerich in Erinnerung bleiben wird.

Note: 4+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.