Ghost Stories

Nach zwei gruseligen Serien habe ich mir neulich auch noch einen Horrorfilm angesehen. Keine Ahnung, warum ich gerade Lust auf dieses Genre habe, schließlich braucht man sich im Moment nur die Nachrichten anzuschauen, um sich zu gruseln. Aber vielleicht ist genau das ein Grund, warum ich gerade zum Horrorgenre neige. Denn hier weiß man, alles ist fiktiv und nach anderthalb bis zwei Stunden wieder vorbei.

Ghost Stories

Professor Goodman (Andy Nyman) hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Wahrsager und Spiritisten zu enttarnen, seit er als Jugendlicher die Sendung eines bekannten Wissenschaftlers dazu gesehen hat. Zu seiner Überraschung kontaktiert ihn sein Idol unverhofft und gibt ihm drei Akten mit unerklärlichen Fällen, denen Goodman auf den Grund gehen soll …

Diese Fälle dienen dazu, drei voneinander unabhängige Geschichten zu erzählen, in denen jeweils ein Mann etwas Übernatürliches erlebt: Der Nachtwächter Tony (Paul Whitehouse) begegnet dem Geist einer jungen Frau in einer verlassenen Irrenanstalt. Simon (Alex Lawther) trifft im Wald auf einen Dämon. Und Mike (Martin Freeman) wird von einem Poltergeist heimgesucht. Man kann sagen, dass diese Episoden das Herzstück des Films bilden. Sie sind effektiv erzählt, geizen zwar ein wenig mit den Gruseleffekten und jump scares, sind aber durchaus tauglich, um den Zuschauer zu erschrecken.

Leider ist die Rahmenhandlung nicht so gut gelungen. Goodman ermittelt im Grunde genommen gar nicht, stößt dafür aber bei jedem Fall auf eine persönliche Beziehung zu seinem Leben, so dass man langsam auf einen Twist am Ende vorbereitet wird, der in der Tat überraschend und unerwartet ist. Außerdem beginnt auch er, Gespenster zu sehen – und wird schließlich mit einem traumatischen Erlebnis aus seiner Kindheit konfrontiert. Bisweilen wirkt es daher, als hätten die Macher ihre ursprüngliche Geschichte aus den Augen verloren oder würden sie nicht wirklich ernst nehmen.

In den letzten Minuten erklären die Autoren Andy Nyman und Jeremy Dyson, die auch inszeniert und hier ihr eigenes Bühnenstück verfilmt haben, wie die jeweiligen Episoden zusammenhängen und was sie mit Goodman zu tun haben. Mit dieser Auflösung hat man, wie gesagt, nicht gerechnet, das macht sie allerdings noch lange nicht gut. Es ist ein bisschen wie bei einem umständlich erzählten Witz, dessen Pointe nicht so zündet wie man sich das erhofft hatte.

Sympathischere Figuren und ein flotteres Tempo hätten der Geschichten auf jeden Fall gutgetan. Aber wer sich gerne gruselt, hat wenigstens drei kurze, ganz gut gelungene Episoden.

Note: 4+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.