Herbst ist Horrorzeit. Wenn es früh dunkel wird, kann man sich abends einen Horrorfilm anschauen, ohne dafür auf die Geisterstunde warten zu müssen. Oder eben auch eine gruselige Serie. Ich habe in den vergangenen Wochen gleich zwei gesehen, beide auf Prime Video.
Die erste war NOS4A2, das sich wie Nosferatu spricht, aber nicht unbedingt etwas mit Vampiren zu tun hat. Die Romanvorlage stammt von Joe Hill, dem Sohn von Stephen King, weshalb es auch einige versteckte Hinweise auf das Werk seines Vaters in der Serie gibt. Der Titel leitet sich von dem Nummernschild eines alten Rolls Royce Wraith her, in dem Charlie Manx (Zachary Quinto) durch die USA fährt und Kinder entführt. Die Energie der Kinder ist sein Lebenselixier, durch das er sich verjüngen kann, was er tatsächlich mit einem Vampir gemein hat. Nur verwandeln sich seine Opfer nicht ebenfalls in durstige Kreaturen, sondern in boshafte Versionen ihrer selbst mit scharfen Zähnen und Appetit auf Menschenfleisch.
Seine Gegenspielerin wird im Verlauf der Geschichte die junge Vic McQueen (Ashleigh Cummings), die eine begabte Künstlerin ist und wie Charlie ein besonderes Talent hat: Mit ihrem Motorrad kann sie eine geheimnisvolle Brücke heraufbeschwören, über die sie in Sekunden an jeden Ort der Welt gelangen kann. Doch diese, an bestimmte Objekte gebundene Magie hat ihren Preis: Wenn Vic ihre Kräfte zu häufig benutzt, wird sie ebenfalls wie Charlie schnell altern.
Vic und die ebenfalls magisch begabte Maggie (Jahkara Smith) verbünden sich, um die Kinder aus den Fängen Charlies zu befreien, doch dieser ist weitaus gerissener als sie sich vorstellen können. Die gesamte erste Staffel handelt davon, wie Vic die Geheimnisse ihrer und Charlies Gabe entschlüsselt und ihn schließlich immer mehr in die Enge treibt. Natürlich hat Vic auch mit einigen privaten Problemen zu kämpfen, die mit der gescheiterten Ehe ihrer Eltern und vor allem ihrem Vater zu tun haben. Das alles wird solide erzählt und lebt in erster Linie von einer sehr sympathischen und toll agierenden Hauptdarstellerin.
Insgesamt ist es eine spannende und wendungsreiche Geschichte, die jedoch auch einige Längen besitzt und ruhig zwei Episoden kürzer hätte sein können. Bisweilen erinnert die Erzählweise schon sehr an die Storys von Stephen King, was vermutlich kein Zufall ist und nicht unbedingt ein Nachteil sein muss. Alles in allem gute Unterhaltung.