Es gibt Studios wie zum Beispiel Disney, die nach dem Motto „weniger ist mehr“ produzieren. Statt den ohnehin schon übervollen Markt mit einer Reihe von preisgünstigen, einer Menge von mittelteuren und ein paar wenigen teuren Streifen zu überschwemmen, setzen sie auf „tentpoles“, hochpreisige Prestigeproduktionen, die jeweils Eventcharakter haben (sollen). Diese Politik ist durchaus nachvollziehbar, hat aber in diesem Jahr auch einige Kritik hervorgerufen, unter anderem von Steven Spielberg und George Lucas.
Ich will diese Diskussion jetzt nicht wieder aufwärmen. Jeder, der ein bisschen rechnen kann, weiß, dass dieses Modell nicht ganz unproblematisch ist: Wenn man nur wenige Filme herausbringt, die allesamt viel kosten, müssen die meisten davon ein Hit werden. Zum Erfolg verdammt, könnte man sagen. Dieses Jahr haben einige dieser Filme jedoch an den Kinokassen enttäuscht: The Lone Ranger soll angeblich am meisten Miese gemacht haben, aber auch After Earth, White House Down oder R.I.P.D. enttäuschten die Erbsenzähler.
Das heißt nicht, dass es auch schlechte Filme sind. (Okay, von After Earth habe ich nun wirklich nichts Gutes gehört, aber sonst…). Deshalb habe ich mir zwei davon angesehen. Den Auftakt machte:
Lone Ranger
Ein alter Indianer (Tonto) erzählt einem kleinen Jungen die wahre Geschichte des legendären Lone Ranger: Der gefürchtete Bandit Butch Cavendish (William Fichtner) entkommt aus der Gefangenschaft. Ranger Dan Reid (James Badge Dale) und sein Bruder John (Armie Hammer) machen sich an die Verfolgung, werden aber verraten und gelangen in einen Hinterhalt. Dan und seine Ranger sterben, John wird für tot gehalten und zurückgelassen. So findet ihn Tonto (Johnny Depp), der sich widerwillig seiner annimmt und ihn auf seinem Rachefeldzug unterstützt, denn auch er hat mit Butch und dem skrupellosen Eisenbahnbaron Latham Cole (Tom Wilkinson) noch ein Hühnchen zu rupfen…
Das Genre des Piratenfilms war lange Jahre mausetot, bis Bruckheimer und Depp daherkamen und ihm mit der Fluch der Karibik-Reihe neues Leben einhauchten. Dasselbe hatten sie nun mit dem Western vor, und tatsächlich ähneln sich beide Konzepte sehr. Statt einer Attraktion aus Disneyland stand diesmal eine alte Hörspiel- bzw. Fernsehserie Pate, aber es wurde wieder sehr viel Wert auf handfeste Action, aufwendige Verfolgungsjagden und Wortgefechte zwischen den Hauptfiguren gelegt. Wieder bekommt Depp einen – diesmal recht ungeschickten – jungen Mann an seine Seite gestellt und darf seiner Figur einige exzentrische Züge verleihen, und erneut hat Gore Verbinski auf dem Regiestuhl Platz genommen.
Um es gleich vorweg zu sagen: Der Film an sich ist gar nicht so schlecht. Ein typischer Bruckheimer eben, ein genau auf seine Wirkung hin kalkulierter Sommerblockbuster vom Reißbrett mit Actionszenen nach dem Fahrplan. Kennt man alles schon, kann sogar hin und wieder überraschen und gelegentlich auch amüsieren, ist aber so frisch wie ein drei Tage alter Salatkopf.
Johnny Depp spielt wie er immer spielt, eine Spur zu übertrieben und ein bisschen, als wollte er seinen Jack Sparrow kopieren. Als Indianer ist er vollkommen unglaubwürdig, aber das ist eigentlich egal, man will ja sowieso nur Johnny Depp sehen. Armie Hammer ist auch wie immer, also so ausdrucksstark und emotional wie eine schlafende Schildkröte, aber immerhin stört er in seinen Filmen nicht groß. Das Drehbuch beschreibt eine komplizierte Geschichte, die mehr Haken und Wendungen nimmt als ein Hase auf der Flucht vor einem Fuchs, und am Ende kommt nach all den Kapriolen auch noch das letzte bisschen Logik abhanden, wenn die Macher bei dem Versuch, die gute alte Verfolgungsjagd, die zu jedem Western gehört, ins 21. Jahrhundert zu transportieren, weit übers Ziel hinausschießen.
Wenn man nicht zu viel erwartet, bekommt man einen typischen, ganz launigen Sommerspaß zu sehen. Das ist doch auch schon was.
Note: 3