Cary Fukunaga zählt zu den besten Regisseuren Hollywoods. Auf seine neueste Regiearbeit, James Bond 007: Keine Zeit zu sterben, warten die Fans vermutlich schon sehnsüchtig, richtig bekannt geworden ist er allerdings mit der Serie True Detective. Gut gefallen hat mir vor allem seine Adaption von Jane Eyre, während ich den ebenfalls hochgelobten Beasts of No Nation noch immer nicht gesehen habe. Dafür habe ich mir seinen Debütfilm angeschaut.
Sin Nombre – Zug der Hoffnung
Casper (Edgar Flores) ist ein Mitglied der berüchtigten mexikanischen MS13-Gang und führt ihnen den sehr jungen Smiley (Kristyan Ferrer) zu, der sich in seinem Aufnahmeritual nicht nur verprügeln lassen, sondern auch einen Mord verüben muss. Als Lil Mago (Tenoch Huerta), einer der Anführer der Gang, sich an Caspers Freundin vergreifen will und sie dabei versehentlich tötet, muss Casper das zunächst hinnehmen. Gleichzeitig versucht die junge Sayra (Paulina Gaitán) mit ihrer Familie von Honduras aus in die USA zu reisen. Sie springen auf einen Zug auf, der sie bis zur texanischen Grenze bringen soll. Doch unterwegs werden die Reisenden von Lil Mago, Casper und Smiley überfallen und ausgeraubt. Als Lil Mago Sayra vergewaltigen will, geht Casper dazwischen und tötet ihn. Er schickt Smiley wieder zurück, bleibt selbst aber auf dem Zug, um vor der Rache seiner ehemaligen Gang zu fliehen …
Trump hat sich die auch in den USA operierende MS13-Gang als Beispiel für die Flut krimineller Ausländer, die das Land mit Drogen und Gewalt zugrunde richten wollen, herausgepickt und schürt damit Ängste unter seinen Gefolgsleuten. Nun sind diese Kriminellen zwar alles andere als gesetzestreue Bürger, stellen allerdings auch nicht eine solche Gefahr dar, wie behauptet wird. In erster Linie richtet sich ihre Gewalt gegen verfeindete Banden – und abtrünnige Mitglieder.
Natürlich darf man sich nichts vormachen, die Gangmitglieder sind gefährlich und zu allem entschlossen. Das wird schon recht früh deutlich, wenn ein Kind wie Smiley gezwungen wird, einen Mann hinzurichten, dessen einziges Verbrechen die frühere Zugehörigkeit zu einer anderen Bande ist. Autor und Regisseur Cary Fukunaga zeichnet in seinem Debütfilm ein düsteres, aber realistisches Bild von der Bandenkriminalität in Mexiko. Die Rituale, die beiläufige Gewalt, der Machismo und die schlichte schwarz-weiße Weltsicht – man hat von Anfang an das Gefühl, sich in einer vertrauten Umgebung zu bewegen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich einige Romane von Don Winslow zu dem Thema gelesen habe, dass mir vieles bekannt vorkommt, vielleicht ist es auch die schlichte Story, die den Film recht vorhersehbar macht. So kommt letzten Ende alles, wie man es erwartet: Sayra und Casper kommen sich auf ihrer Flucht langsam näher, während ihre Verfolger ihnen dicht auf den Fersen sind. Und natürlich wird von Smiley erwartet, seinen besten Freund zu töten, um sein eigenes Versagen vergessen zu machen und endlich ein vollwertiges Bandenmitglied zu werden.
Das größte Manko des Films ist seine Langsamkeit. Fukunaga nimmt sich sehr viel Zeit, seine Figuren und das Banden-Milieu vorzustellen, so dass der Film bereits zur Hälfte vorbei ist, wenn die Geschichte ihre entscheidende Wendung nimmt. Aber auch wenn man all das schon häufiger gesehen hat und weder vom Ablauf noch vom tragischen Ende der Geschichte überrascht ist, überzeugt der Film durch seine beeindruckenden Bilder von der Reise durch ein armes, zerrissenes Land, das von Tausenden Flüchtenden aus Mittelamerika überschwemmt wird, sowie durch die nuancierten schauspielerischen Leistungen. Inzwischen ist der Film sogar aktueller als zu seiner Fertigstellung wie ein Blick auf die Flüchtlingsströme an der mexikanischen Grenze beweist.
Alles in allem ein zwar langsam erzählter, aber auch packender und teilweise berührender Film über ein aktuelles Thema.
Note: 3