Am Mittwoch haben wir uns einen faulen Tag gemacht. Außerdem trudelte der Rest der Familie aus New York und London ein, so dass unsere Gruppe nun komplett ist. Auch am Donnerstag stand nicht allzu viel auf dem Programm, da es immer noch sehr heiß und schwül war.
Wir fuhren nach einem gemütlichen Frühstück zu den Ausgrabungen von Aptera, einer ursprünglich griechischen Stadt, die später Teil des römischen Reichs war. Viel gibt es leider nicht zu sehen: die Überreste einer antiken Villa, des lokalen Bades und vor allem der Zisternen, deren Gewölbe teilweise erhalten ist – und sogar immer noch Wasser führt. In einem kleinen Museum kann man sich über die Geschichte der Stadt informieren, deren Name – so die poetischste Erklärung – auf eine mythologische Schlacht zwischen den Musen und den Sirenen zurückzuführen ist. Die Sirenen unterlagen dabei und büßten ihre Federn ein, die ins Meer fielen und einige kleinere Inseln bildeten. Aptera heißt so viel wie „ohne Flügel“.
Einige Kilometer weiter östlich an der Küste liegt Georgioupoli, das mit schönen Stränden und einer interessanten Kapelle aufwarten kann. Vor rund hundert Jahren wurde auf einem Felsen nicht sehr weit vom Strand entfernt eine dem Heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron des Meeres, geweihte Kapelle errichtet, die nur über einen sehr schmalen Steinweg zu erreichen ist. Das macht Spaß, ist aber etwas abenteuerlich, weil die Steine sehr uneben sind. Von der Kapelle aus hat man einen schönen Blick über die Bucht.
Nach dieser Exkursion haben wir in einem der vielen Strandrestaurants zu Mittag gegessen und sind dann wieder nach Chania gefahren, um uns auszuruhen. Am Abend ging es jedoch erneut in die wunderschöne Altstadt, um dort zu essen und zu flanieren. Chanias historischer Kern mit seinen engen, gewundenen Gassen gehört zu den schönsten Ecken Kretas, die wir bislang gesehen haben, und ist selbst mit einer Vielzahl Touristen erträglich.
Freitag war gewissermaßen Badetag. Ursprünglich wollten wir zu einem abseits gelegenen Traumstrand fahren, zu dem man nur gelangen kann, wenn man einen sehr steilen, mit losen Felsen übersäten Pfad hinunterklettert und wenigstens ein oder zwei Bergziegen zu seinen Vorfahren zählen kann. Sehr viele Einheimische und auch einige Touristen haben dieses Wagnis auf sich genommen, wir hatten jedoch nicht das richtige Schuhwerk dabei …
Stattdessen sind wir zu einem der wunderschönen Sandstrände gefahren, über die diese Insel im Übermaß verfügt, haben unsere Runden im türkisfarbenen Wasser gedreht und die Seele baumeln lassen. Am Abend ging es erneut nach Chania zum Essen und Bummeln.
Der Samstag wurde bestimmt von einem Ausflug in die Berge. Wir fuhren durch die Schlucht von Therisso, einem abgelegenen, verwunschenen Ort, der einst in der Hand der Rebellen war, die Kreta von der Herrschaft der Türken befreit haben. Ein winziger Weiler nur, der aber griechische Geschichte geschrieben hat, denn hier wurde 1905 zur Revolution aufgerufen. Ein wild-romantischer Bergbach plätscherte neben der Straße, die sich immer höher und höher hinauf in die Weißen Berge schlängelte. Jede Menge enger Kurven haben den Weg zur reinsten Achterbahnfahrt werden lassen, die Aussicht war jedoch spektakulär und wurde mit jedem Höhenmeter besser.
Unser Ziel war eines jener winzigen Bergdörfer, in denen man die ursprüngliche Küche Kretas genießen kann. Wir saßen an einem großen Tisch unter einem ausladenden Baum und taten uns an ungemein köstlichen Speisen gütlich, deren Zutaten teilweise aus eigenem Anbau der Gastwirtfamilie stammten. Wir haben sogar Retsina mit Cola sowie zum Dessert Schafseis probiert …
Zurück ging es auf der anderen Seite des Berges durch ein nicht minder malerisches Tal. Nach einem kurzen Fotostopp an der Marienkirche von Meskla, die direkt hinter einer sehr viel älteren Kirche erbaut wurde und überaus farbenfroh ist, ging es weiter zu einem erst wenige Jahre alten Kloster, das der heiligen Metamorphose (Christi) gewidmet ist. Ein wunderschöner, wie aus der Zeit gefallener Ort, der ein bisschen an Bruchsal in Der Herr der Ringe erinnert. Nur ohne Elben.
Die Nonnen, die uns empfangen haben, waren unglaublich freundlich und haben uns überall herumgeführt. Wir haben gleich ein paar Andenken eingekauft, bekamen handgemachte Seife geschenkt und eingelegte Zitronen und andere Erfrischungen angeboten. Auf dem Berg, von dem aus man Chania überblicken kann, war es so ungemein friedvoll und schön, dass man am liebsten ins Kloster eintreten möchte. Die Gegend, durch die wir nach Chania zurückgefahren sind, wird ob ihrer vielen Orangenhaine auch „Orange Valley“ genannt, was gleich viel sympathischer klingt als zum Beispiel Silikon Valley. Es ist definitiv mal eine Abwechslung zu all den Olivenbäumen …
Der Abend gehöre erneut Chania und seinem Charme. Abseits der üblichen touristischen Pfade entdeckt man ein privateres Chania, das eine eigentümliche Mischung aus gut gepflegten und völlig verfallenen Häusern aufweist, die manchmal direkt nebeneinander stehen. Bei manchen malerischen Ruinen bin ich mir nicht sicher, ob ich ihren Anblick nun hübsch oder eher traurig finden soll, aber alles in allem überwiegt der positive Eindruck von dieser Stadt.
Um einen anderen Blick auf den Hafen zu bekommen, sind wir sogar auf der Mole zum venezianischen Leuchtturm gewandert, was bei der stickigen Hitze anstrengend war, sich aber gelohnt hat. Anschließend ging es zum Essen in ein nettes Lokal. Unglaublich, dass damit unser Aufenthalt im Westen endet.