Es kommt selten genug vor, dass ich mich darauf freue, einen Film zu sehen, und noch seltener, dass ich mich auf einen deutschen Film freue. Aber nach den Vorschusslorbeeren von Mark G. und anderen sowie dem gelungenen Trailer, wollte ich unbedingt Sein letztes Rennen sehen. Leider ist der Film mit rund 130.000 Besuchern nicht so erfolgreich wie ich oder auch einige andere es erwartet hatten, weshalb er schon bald aus den Kinos zu verschwinden droht.
Trotz des fast sommerlichen Wetters machte ich mich am Nachmittag auf ins Kino – und saß mutterseelenallein im Saal. Und das in der einzigen Vorstellung des Tages. Ein bisschen hatte ich damit gerechnet, ein paar Bekannte zu treffen, denen ich den Film schmackhaft gemacht hatte, aber die lagen vermutlich gerade in der Sonne…
Sein letztes Rennen
Paul Averhoff (Dieter Hallervorden) war ein erfolgreicher Marathonläufer und hat 1956 bei den Olympischen Spielen sogar Gold gewonnen. Jetzt sind er und seine Frau Margot (Tatja Seibt) alt und nicht mehr in der Lage, allein zu leben. Ihre Tochter Birgit (Heike Makatsch) drängt sie, in ein Altenheim zu ziehen, doch die Bastelnachmittage und Andachtsstunden gehen dem rüstigen Paul bald gehörig auf die Nerven. So kommt er auf die Idee, noch einmal an einem Marathon teilzunehmen, es noch einmal wissen zu wollen. Natürlich stößt er damit auf Unverständnis seiner Umwelt, und die Heimleitung versucht sogar, ihm das Laufen zu verbieten. Aber Paul gibt nicht auf…
Die Grundidee klingt nach einem klassischen Cheerie-Movie, wie es bevorzugt von den Engländern gemacht wird: Ein Außenseiter verfolgt einen Traum und gibt nicht auf, trotzt allen Widerständen und obsiegt am Ende. Und das ist Sein letztes Rennen auch. Aber leider erst in zweiter Linie.
„Das Alter ist schrecklich“, heißt es irgendwann im Film, und in der Tat ist das Heim alles andere als ein beschaulicher Altersruhesitz, allerdings auch weit von den Verwahranstalten entfernt, die des Öfteren in den Medien wegen ihrer skandalösen Zustände angeprangert werden. Dennoch kann man Paul gut verstehen, seinen Entschluss, sich nicht zum alten Eisen zählen zu lassen, nachvollziehen. Er will weitermachen, laufen, dem Elend des Alters, der Krankheit und dem drohenden Tod seiner Frau einfach davonlaufen. Und Dieter Hallervorden und Tatja Seibt spielen dieses sich immer noch liebende, zärtliche Paar so anrührend, dass einem immer wieder die Tränen kommen.
Sein letztes Rennen ist ein Drama, und dramatisch war, nach allem, was man so hört, auch die Entstehungsgeschichte. Etliche Jahre hat die Entwicklung gedauert, und es sei extrem schwierig gewesen, die Finanzierung zusammen zu bekommen. Wer sich ein bisschen in der Branche auskennt, glaubt das sofort, denn der Film hat einen erfrischend undeutschen Touch – und das hassen unsere Fernsehsender leider. Wenn ich mich nicht verzählt habe, waren drei Redaktionen beteiligt (BR, ARD und Arte), und vermutlich hat jeder Redakteur dem Projekt unbedingt seinen Stempel aufdrücken müssen. Anders ist die typische Gemischtwarendramaturgie wohl nicht zu erklären.
Anstatt auf die wunderbare, anrührende und dramatische Grundidee zu vertrauen und den Film um das Ehepaar Averhoff herum aufzubauen, schweift das Buch (von Regisseur Kilian Riedhof, Marc Blöbaum und Peter Hinderthür) zu sehr ab. Der Strang, der von Tochter Birgit handelt, ist vollkommen überflüssig und langweilig, und die dünne, klischeehafte Story der Heimseelsorgerin endet als Todgeburt. Auch die Regie wirkt hier und da recht unbeholfen. So holpert und stolpert der Film durch seine zweite Hälfte, bevor er am Ende doch noch seinen Takt wiederfindet und zu einigen großartigen Momenten führt. Trotz dieser Schwächen ist es ein sehr schöner, zu Herzen gehender und wunderbar gespielter Film, der mehr Besucher verdient hätte.
Note: 2