Anlässlich meiner Kritik zu Gravity war im Forum zu lesen, dass dies erst mein sechster bzw. siebter (wenn man auch ältere Filme mitzählt) glatter Einser-Film war (Dank an Agent K. fürs Recherchieren). Das ist erstaunlich wenig, obwohl ich mir sicher bin, dass es die eine oder andere Eins minus gibt. Andererseits, als ich mir die Liste angesehen habe, dachte ich bei Shrek und The Hours, ob ich nicht zu milde war und lieber eine 2+ geben sollte…
Ohne erneute Sichtung bleibt es natürlich bei der Note. Aber das zeigt mal wieder, dass sich die Einstellung zu einem Film mit der Zeit ändern kann. Viel hängt von der Stimmung oder Lebenssituation ab, in der man einen Film gesehen hat und in der die Geschichte besonders berührt – oder einen eher kalt lässt. Außerdem sind Filme wie Menschen – manche altern besser als andere. So können viele Streifen aus den Dreißigern frischer und schneller als welche aus den Siebzigern wirken.
Es ist vielleicht noch ein wenig zu früh, um gute Vorsätze fürs neue Jahr zu fassen, andererseits rast die Zeit so sehr, dass praktisch übermorgen Silvester ist. Und für gute Vorsätze ist es ja eigentlich nie zu früh. (Allerdings heißt es auch, der Weg zur Hölle sei mit guten Vorsätzen gepflastert, also wer weiß, wohin mich das jetzt führt.) Wer jetzt erwartet, dass ich mir vornehme, milder zu urteilen und mehr Einser und Zweier zu vergeben, könnte enttäuscht werden: Ich nehme mir stattdessen vor, meine alten Lieblingsfilme wieder zu sichten bzw. zu kritisieren. Und vielleicht wird es dann irgendwann eine Liste von ihnen geben.
Den Anfang macht ein relativ junger Film, den ich damals zwar benotet, aber nicht kritisiert habe. Bei der erneuten Sichtung habe ich dann tatsächlich meine frühere Note (2+) geändert.
Wenn Träume fliegen lernen
J. M. Barrie (Johnny Depp) ist ein bekannter und begnadeter Bühnenautor, der jedoch gerade einen kapitalen Flop verkraften muss. Sein Impressario Charles Frohman (Dustin Hoffman) will dennoch sein neues Stück herausbringen, auch wenn er sich über dessen merkwürdige Helden wundert. Zu der Story inspiriert wurde Barrie durch die Bekanntschaft mit einem Jungen namens Peter (Freddie Highmore), der den Tod seines Vaters noch nicht verwunden hat, seiner Brüder und seiner kranken Mutter Sylvia (Kate Winslet). Letztere freundet sich – sehr zum Leidwesen von Barries Frau (Radha Mitchell) und zur Freude der Klatschmäuler Londons – ein wenig zu sehr mit dem Autor an. Während sein Privatleben immer schwieriger wird, seine Ehe zu scheitern und seine Beziehung Sylvia zu einem Skandal zu werden droht, erfährt sein Stück eine hymnische Uraufführung. Es ist die Geburt von Peter Pan…
Auch wenn man – so wie ich – das Bühnenstück Peter Pan nie gesehen hat, ist man doch in den Grundzügen mit der Geschichte vertraut, weil sie so oft in anderen Werken zitiert wird oder in Teilen bzw. komplett verfilmt wurde. Nicht weniger interessant ist die Entstehungsgeschichte, auch wenn die Autoren David Magee und Allan Knee, auf dessen Theaterstück der Film basiert, sich einige Freiheiten herausgenommen haben. So erzählt der Film von Marc Forster vielleicht nicht die wahre Geschichte des Peter Pan-Erfinders, liefert jedoch ein leidenschaftliches Plädoyer für die Macht der Träume ab, bildgewaltig inszeniert und äußerst einfühlsam gespielt. Ein wunderbarer, traumschöner, zutiefst berührender Film für alle, die niemals erwachsen werden wollen…
Note: 1-