Abenteuer Weltraum. Unendliche Weiten und so. Wenn man an Science-Fiction-Serien denkt, landet man schnell bei Star Trek, das eine so friedliebende, positiv besetzte Zukunft zeigt, voller elegant designter Raumschiffe, futuristischer Technik und exotischer Aliens, dass alles wie ein utopisches Märchen anmutet. Wer es ein klein wenig realistischer (zumindest in Bezug auf die Raumschiffe und die menschliche Natur) und dreckiger möchte, kann sich The Expanse anschauen.
Die Serie basiert auf einer Romanreihe, die bereits acht von neun geplanten Büchern umfasst. Die ersten drei Staffeln, die die ersten drei Romane behandeln, sind auf Prime zu sehen, das nun die Produktion der vierten übernommen hat, nachdem SyFy ausgestiegen ist. Das Setting ist faszinierend, wie Mr. Spock sagen würde, weil sich die Romanautoren Daniel Abraham und James S.A. Corey (ein Pseudonym von Ty Franck), die beide auch als Produzenten der Serie agieren, genau überlegt haben, wie die Welt im 23. Jahrhundert aussehen könnte. Auf der Erde herrscht inzwischen die UN, der Meeresspiegel ist stark angestiegen, die meisten der zehn Milliarden Menschen leben von einer staatlichen Grundversorgung, etliche davon sogar in Slums. Auch im restlichen Sonnensystem, das die Menschheit erobert hat, sind die Lebensbedingungen schwierig. Die Erde beherrscht noch einige Kolonien, unter anderem auf dem Mond, der Mars hat sich allerdings für unabhängig erklärt und zu einer Militärmacht hochgerüstet. Zwischen den beiden Planeten herrscht ein fragiler Frieden, der nur eine vorübergehende Abwesenheit des Krieges zu sein scheint.
Neben diesen inneren Planeten gibt es noch den Asteroidengürtel weit außerhalb, aus dem viele Rohstoffe stammen. Auf den diversen Raumstationen, Asteroiden und Monden herrschen schlechte Lebens- und noch viel schlimmere Arbeitsbestimmungen. Die „Gürtler“ fühlen sich wie Menschen zweiter Klasse, weshalb sich eine Widerstandsgruppe namens OPA (Outer Planets Alliance) gebildet hat, die einen Unabhängigkeitskrieg und die Gründung einer eigenen Nation anstrebt. Die Erde betrachtet sie als Terroristen.
Im Mittelpunkt der Serie steht jedoch die bunt zusammengewürfelte Crew eines Frachters, der gleich zu Beginn in eine Auseinandersetzung zwischen den jeweiligen politischen Parteien gerät und zerstört wird. Nur vier Leute, die auf einer Rettungsmission zu einem gestrandeten und verwaisten Raumschiff unterwegs waren, überleben und werden schließlich von einem marsianischen Kampfschiff gerettet – und umgehend inhaftiert. Die Ereignisse überschlagen sich, als eine weitere, unbekannte Kraft das Schiff angreift und die Crew sich auf ein kleineres Schiff retten kann.
Dieses Schiff wird nun ihre neue Heimat. Kapitän James Holden (Steven Strait) stammt wie der Mechaniker Amos Burton (Wes Chatham) von der Erde, der Pilot Alex Kamal (Cas Anvar) vom Mars und die Ingenieurin Naomi Nagata (Dominique Tipper) aus dem Gürtel, doch die vier werden bald eine Familie, die fest zusammenhält.
Während die Crew im Weltall um ihr Leben kämpft, versucht der Sicherheitsbeamte Joe Miller (Thomas Jane) auf Ceres das Verschwinden der Milliardärstochter Julie Mao (Florence Faivre) aufzuklären, die just in dem Raumschiff unterwegs war, zu dessen Rettung Holden und seine Mannschaft aufgebrochen waren. Ihr Vater Jules-Pierre (Francois Chau) ist einer der reichsten Männer des Sonnensystems und finanziert ein geheimes Forschungsprojekt auf einer entlegenen Basis, das bald im Mittelpunkt der Ereignisse stehen wird.
Gleichzeitig steigen die politischen Spannungen. Auf der Erde kommt Untergeneralsekretärin Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo) schließlich einer weit angelegten Verschwörung auf die Spur, die zu einem Krieg zwischen Erde und Mars führen soll.
Das ist nur ein sehr grober Abriss der Ereignisse. Darüber hinaus gibt es noch etliche weitere Akteure, die ihr eigenes Süppchen kochen, was in der Komplexität ein wenig an Game of Thrones erinnert. Die Mischung aus Science-Fiction, Detektivgeschichte und Politthriller ist auf jeden Fall sehenswert, stellenweise sehr spannend und klug erzählt. Alle Handlungsstränge laufen irgendwann zusammen, sämtliche Details fügen sich am Ende zu einem Gesamtbild zusammen, das schließlich zu einer anderen, noch viel größeren Geschichte führt. Und Aliens gibt es auch, aber nicht so, wie man sich das vorstellt.
Die erste und leider schwächste Staffel hat Längen, sie erfordert eine Menge Geduld und ein gutes Gedächtnis, um die vielen handelnden Figuren, ihre Motive und Geheimnisse auseinanderzuhalten und richtig einzuordnen, aber spätestens mit der zweiten und vor allem mit der großartigen dritten Staffel wird man dafür reichlich belohnt. Die Raumschiffe sind zwar nicht so schick wie in Star Trek, wirken dafür aber realistischer, man sollte auch keine ausgedehnten Raumschlachten erwarten, obwohl es die durchaus gibt, und auch die „Aliens“ sind nicht das, was man von anderen Filmen kennt. Wer aber ein Faible für Science-Fiction und klug durchdachte, komplexe Geschichten hat, sollte sich The Expanse auf keinen Fall entgehen lassen. Ich würde sie jederzeit den meisten Star Trek-Serien vorziehen.