Vor einer Woche ist Doris Day verstorben. Als hätte ich es geahnt, habe ich an diesem Tag meine Kritik zu Was diese Frau so alles treibt veröffentlicht. Heute folgt ein weiterer großer Hit von ihr:
Bettgeflüster
Jan Morrow (Doris Day) ist eine erfolgreiche Innenarchitektin in New York, die sich ihren Telefonanschluss leider mit dem Komponisten Brad Allen (Rock Hudson) teilen muss. Dieser ist ein ausgewiesener Casanova, der stundenlang mit seinen Eroberungen am Telefon turtelt und damit die Leitungen belegt. Eine Beschwerde bei der Telefongesellschaft führt zu nichts, ein Versuch, sich gütlich mit ihm zu einigen, endet im Streit. Brad wirft Jan vor, frigide und einsam zu sein, dabei wartet Jan nur auf den Richtigen. Als er herausfindet, dass sein bester Freund Jonathan (Tony Randall) in Jan verliebt ist, und er ihr einmal zufällig über den Weg läuft, beschließt Brad, sich an die kühle Schönheit heranzumachen – allerdings unter falschem Namen …
Die heutige Jugend dürfte Schwierigkeiten haben, den Film zu verstehen: Warum müssen sich zwei Fremde einen Telefonanschluss teilen? Und was ist überhaupt ein Festnetztelefon? Dabei war es damals in den USA und auch in Deutschland gar nicht so selten, sich einen Anschluss zu teilen, denn die Gesellschaften kamen mit der Erfüllung der Nachfrage einfach nicht hinterher und boten so eine Zwischenlösung an. Auch Jan hätte nur ein, zwei Monate warten müssen, dann hätte sich ihr Problem von selbst erledigt. Aber wir hätten dann auf eine wundervoll beschwingte Komödie verzichten müssen.
Doris Day verkörpert wieder einmal die starke, unabhängige Frau, der nur der perfekte Mann zum Glück fehlt, Rock Hudson den Schwerenöter, der nur deshalb eine Affäre nach der anderen hat, weil er sich nie verliebt. Dank der besonderen Chemie zwischen den beiden wird daraus ein amüsanter Krieg der Geschlechter, dessen Schlachtfeld eben die prüden Fünfziger mit ihrem festzementierten Weltbild sind, nach dem Mann und Frau nur wahre Erfüllung in der Ehe finden können und das weibliche Geschlecht per se das schwächere ist. Ja, in Teilen ist der Film sexistisch, vor allem gegen Ende, wenn Jan erwartungsgemäß Brad seine Lügen verzeiht und ihn heiraten will, obwohl sie ihn streng genommen gar nicht kennt, weil er ihr die ganze Zeit über etwas vorgespielt hat. Aber so ist es nun einmal in der Welt Hollywoods: Wo die Liebe hinfällt … schwindet die Vernunft.
Die Geschichte lebt vor allem von der Gegensätzlichkeit der beiden Figuren und ihrem verbalen Schlagabtausch. Der Hays Code, der 1959 zwar noch in Kraft war und erst ein knappes Jahrzehnt später abgeschafft wurde, regelte den Umgang mit Themen, die potenziell sittengefährdend waren. Über Sex durfte nicht gesprochen werden und gezeigt wurde er schon gar nicht, was die damaligen Autoren zu äußerst findigen Anspielungen und einer fantasievollen Bildsprache inspiriert hat, um dennoch dieses wichtige Thema behandeln zu können. Auch in Bettgeflüster wird ständig über Sex geredet, ohne dass der Begriff einmal fällt, wobei man in den späten Fünfzigern schon etwas offener sein durfte und die Anspielungen nicht immer so subtil waren wie noch zwei Jahrzehnte zuvor.
Es ist ein für heutige Betrachter harmloser, charmanter Spaß, der dann in einer klassischen Verwechslungskomödie mündet. Das Katz-und-Maus-Spiel, mit dem Brad Jan einzufangen gedenkt, wirkt ebenfalls antiquiert, bereitet aber immer noch Vergnügen. In der zweiten Hälfte stellen sich dann allerdings einige Längen ein, weil die Autoren den Fehler begehen, nicht genauer auf ihre Figuren einzugehen. Heute würde man sicherlich anders erzählen.
Dafür gibt es eine Reihe von running gags und wunderbare Nebenfiguren (allein wegen der großartigen Thelma Ritter sollte man sich den Film schon anschauen), die auch das wiederholte Ansehen lohnenswert machen. Der perfekte Film für einen nostalgischen Trip an einem verregneten Abend.
Note: 3+