Mit Wrestling habe ich ungefähr so viel am Hut wie mit Damentennis. Oder Tennis überhaupt. Also so rein gar nicht. Warum habe ich mir dann einen Film über eine junge Frau aus England angesehen, die unbedingt Karriere bei der WWE (World Wrestling Entertainment) machen will? Die Antwort ist einfach: Weil die Briten verdammt gute cheerie movies machen.
Fighting With My Family
Als ihr Vater Ricky (Nick Frost) bei einem Wrestlingauftritt noch unbedingt eine junge Kämpferin benötigt, überredet er seine 13jährige Tochter Saraya mitzumachen. Wenige Jahre später ist die junge Dame (Florence Pugh) ebenso wie ihr Bruder Zak (Jack Lowden) eine begeisterte Wrestlerin. Die beiden bewerben sich zu einem Probetraining für die WWE, doch der Trainer Hutch (Vince Vaughn) nimmt nur Saraya. Während für Zak eine Welt zusammenbricht, muss sich seine Schwester im fernen Florida beim harten Training täglich fragen, ob sie wirklich das Zeug zur Kämpferin hat.
Bei cheerie movies geht es immer um krasse Außenseiter, die es irgendwie schaffen, ihre Leidenschaft in Erfolg umzumünzen, auch wenn alle Wetten gegen sie laufen. So weiß man bereits beim Trailer, wie der Film ablaufen wird, und Autor und Regisseur Stephen Merchant enttäuscht einen dabei nicht. Auch wenn der Film vorhersehbar ist, macht er eine Menge Spaß, das liegt nicht nur an den schrägen Eltern, wunderbar verkörpert von Nick Frost und seiner Filmehefrau Lena Headey (mit Mut zum Ordinären), sondern auch an seinem ungewöhnlichen Setting.
Wrestling ist in erster Linie Show. Es sieht ungeheuer brutal aus, ist es aber nur vordergründig, denn die Bewegungsabläufe sind meist abgesprochen und choreografiert. Dass es dennoch gefährlich ist, beweist die recht hohe Verletzungsquote bei den Kämpfern. Auch Saraya-Jade Bevis, auf deren Leben dieser Film beruht, musste ihre Karriere wegen einer Verletzung, die sie sich im Ring zugezogen hat, beenden. Sie ist gerade mal 26.
Es ist eine merkwürdige, exotische Welt voller Gefahren, brutaler Kämpfe zwischen Gut und Böse, ruhmreicher Helden und niederträchtiger Schurken, es ist laut und bunt und chaotisch. Ein anarchistisches, vulgäres Märchen. Man kann davon abgestoßen werden oder sich dafür begeistern, doch Wrestling lässt einen selten kalt. Auch wenn ich eher zur ersten Fraktion gehöre und mir einen Kampf nicht einmal gegen Bezahlung anschauen würde, fällt es leicht, sich mit Saraya zu solidarisieren und mit ihr mitzufiebern. Denn die junge Frau ist auf der Suche nach sich selbst, nach ihrer Identität und Stimme, und da sie dabei von allen gemieden wird, schlägt das Herz des Zuschauers für sie.
Das Schöne an dem Film ist aber, dass er nicht nur ihre Geschichte erzählt, sondern auch die ihres Bruders, für den der große Traum von der Weltkarriere eben nicht wahr wird. Sein Märchen endet schon sehr früh, und es dauert lange, bis auch er seinen Weg gefunden und sich mit seiner Schwester wieder versöhnt hat. Es kann eben nicht jeder ein Star werden, und so trauert man mit ihm, während man gleichzeitig Saraya die Daumen drückt …
Ein trotz kleinerer Längen und einer vorhersehbaren Geschichte zärtlicher, lustiger und bisweilen auch emotionaler Film über eine ungewöhnliche Familie und eine bemerkenswerte junge Frau. Wer ihn noch sehen will, sollte sich beeilen, es lohnt sich…
Note: 2-