Mark G. machte neulich ein Geständnis: Er hat die ersten beiden Bond-Film nie gesehen. Ein Skandal … Nun ja, zum Glück laufen die ja immer wieder mal im Fernsehen, und aus Solidarität (und weil ich mich beim besten Willen nicht erinnern konnte, ob ich ihn gesehen habe), habe ich ihm dabei Gesellschaft geleistet, als er diese Bildungslücke geschlossen hat.
James Bond 007 jagt Dr. No
Ein britischer Agent und seine Assistentin werden auf Jamaika ermordet, weshalb James Bond (Sean Connery) losgeschickt wird, den Mörder zu finden. Schon bald entdeckt er, dass sein Kollege einer Sabotage des amerikanischen Raumfahrtprogramms mittels Energiewellen auf der Spur war, die von einer abgeschotteten Insel stammen. Schon bald trachtet man Bond nach dem Leben, und Zeugen, die von ihm befragt werden, bringen sich lieber um, als ihm Rede und Antwort zu stehen …
Der aufmerksame Leser weiß, dass ich nie ein Fan von James Bond war und erst mit Daniel Craig halbwegs meinen Frieden mit dieser Figur geschlossen habe. Was in erster Linie daran liegt, dass der frühere Film-Bond ein schlecht gezeichneter Charakter ist, eigentlich nur ein Charaktertyp – oder ein wandelndes Klischee. Das hängt damit zusammen, dass man lediglich seine Handlungen – zuvorderst die der handfesten Art – präsentiert bekommt, während einem ein Blick auf sein sensibles Innenleben versagt bleibt. Böse Zungen behaupten ja, das liege daran, dass er keines besitzt, aber so weit würde ich nicht gehen. Was Bond also im Innersten bewegt, bleibt sein Geheimnis, und als Agent weiß er, solche zu bewahren. Da ihm darüber hinaus auch immer alles gelingt, auch nach dem härtesten Kampf die Fönfrisur sitzt, und er immer einen coolen Spruch auf den Lippen hat, ist er ein ziemlich vorhersehbarer und damit langweiliger Typ.
Genau das sind auch die Schwächen dieses ersten Bonds, in dem die Produzenten den Grundstein ihrer Macho-Filmreihe gelegt haben, die bereits alles besitzt, was die späteren großen Erfolge ausmacht: Einen flotten Helden, bereitwillig ihm zu Füßen liegende Schönheiten und Bösewichter mit Welteroberungsfantasien und körperlichen Defiziten. Das Rezept lässt aber noch eines vermissen: ein üppiges Budget. So spielt der Film zwar an einem exotischen Schauplatz, aber leider auch nur an einem, und der finstere Dr. No (Joseph Wiseman, der nun wirklich nichts Chinesisches an sich hat) residiert immerhin in einer Superschurkenfestung, muss aus Kostengründen aber leider auf viele Handlanger und raffinierte Tötungsmaschinen verzichten. Auch sonst simmert dieser Agententhriller eher auf Sparflamme: Abgesehen von zwei ziemlich ähnlichen Verfolgungsjagden mit dem Auto gibt es nur ein paar halbgare Handgemenge und einen Schusswechsel. Das würde heute nicht einmal für die Eröffnungssequenz eines Bond-Films ausreichen.
Nun ja, es waren eben andere Zeiten und andere Budgets, was man dem Film nicht zum Vorwurf machen sollte. Dass er eine ziemlich schwache Geschichte erzählt, hingegen schon, denn im Grunde weiß man bereits nach einer halben Stunde, wer der Bösewicht ist. Interessant ist allenfalls noch, wie Bond ihn zur Strecke bringt, aber auch das ist nicht wirklich fesselnd inszeniert. Kein Wunder also, dass ich während der – in späteren Filmen ebenfalls obligatorischen – Rechtfertigungsrede des Schurken kurz eingenickt bin. Erstaunlich, dass das Publikum der frühen Sechziger davon so begeistert war. Vielleicht liegt das aber auch an jenem inzwischen legendären Auftritt des ersten Bond-Girls Ursula Andress in ihrem berühmten Bikini. Eine Szene, die heute zu den ikonografischsten der Filmgeschichte zählt und von bestechender Symbolkraft ist (Venus lässt grüßen).
Wer sich für Agentenfilme und Filmgeschichte interessiert, sollte sich diesen Film keinesfalls entgehen lassen. Er lohnt sich, wenn man wissen will, wo die Bildsprache der modernen Bond-Filme ihre Wurzeln hat, alle andere dürfen hingegen mit dieser Wissenslücke problemlos weiterleben.
Note: 4