Während der Münchner Filmwoche wurden uns exklusive Ausschnitte des Films gezeigt, alles in allem eine knappe halbe Stunde – und ich bin dabei eingeschlafen. Da der Film ja schon bald darauf in unsere Kinos kam, war das nicht weiter schlimm und den Strapazen der Filmwoche geschuldet, und so konnte ich mich auf viel frisches Material freuen, als ich mir den Film im Kino angesehen habe. Tja, und dann bin ich wieder kurz eingenickt …
Alita: Battle Angel
Dr. Dyson Ido (Christoph Waltz) findet auf dem Schrottplatz unter der schwebenden Stadt Zalem den intakten Kopf eines weiblichen Cyborgs. Er gibt ihr den künstlichen Körper seiner verstorbenen Tochter und benennt sie auch nach ihr: Alita. Was seiner Ex-Frau Chiren (Jennifer Connelly) nicht gefällt. Außerdem arbeitet Chiren mit dem skrupellosen Vector (Mahershala Ali) zusammen, der ihr eine Rückkehr nach Zalem in Aussicht gestellt hat, wenn sie für ihn Motorball-Spieler kybernetisch aufrüstet. Auch Alita findet bald Gefallen an dem brutalen Spiel, das wie eine Mischung aus Rollhockey und Rugby wirkt, und verliebt sich in Hugo (Keean Johnson), der sie in die Szene einführt, aber auch ein großes Geheimnis hütet: Er überfällt Cyborgs und stiehlt ihre Gadgets. Auch Alita selbst ist von einem Mysterium umgeben, das ihre Herkunft betrifft, denn sie hat keinerlei Erinnerungen an ihre frühere Existenz, doch Ido findet heraus, dass sie aus dem Großen Krieg zwischen der Erde und dem Mars stammen muss.
Die Vorlage ist ein Kult-Manga von Yukito Kishiro, das erstmals 1991 erschien und es auf neun Bände gebracht hat. James Cameron plante bereits vor rund zwanzig Jahren, den Stoff zu verfilmen, überließ die Regie letzten Endes aber dann doch Robert Rodriguez, mit dem er – zusammen mit Laeta Kalogridis – auch das Drehbuch schrieb, und angesichts all dieser kreativen Kraft sollte bei dem Projekt doch nichts schiefgehen. Oder?
Es stellt sich heraus, dass Cameron und Rodriguez zu viel gewollt haben. Die Geschichte ist kompliziert und hoffnungslos mit Details überfrachtet, die für die Kernhandlung nicht von Bedeutung sind. Der Große Krieg und die Himmelsstädte, von denen Zalem als einzige übriggeblieben ist, bleibt rätselhaft und dient als Erklärung für alles: Alitas Herkunft ebenso wie die desolate Lage in der Stadt, die buchstäblich von den Ausscheidungen Zalems lebt. Darüber hinaus werden Probleme angedeutet, die auf einen Handlungsstrang hindeuten, der bestenfalls in der nächsten oder übernächsten Fortsetzung eine Rolle spielen wird.
Überhaupt scheint der gesamte Film als Ouvertüre konzipiert worden zu sein, darauf deuten nicht nur die komplexen Hintergründe und langwierigen Backstorys hin, sondern auch das offene Ende, das einen unbefriedigt und etwas ratlos zurücklässt. Dazwischen passiert aber sehr viel, eigentlich zu viel: Alita erlebt eine tragische Liebe, verwandelt sich vom pubertierenden Teenager zu Kopfgeldjägerin, erhält den Köper einer Killermaschine, wird Motorball-Champion, muss sich gegen brutale Häscher zur Wehr setzen, lüftet weitgehend das Geheimnis ihrer Herkunft, klärt eine Mordserie auf und entdeckt die Verschwörung hinter der Verschwörung, die sie letzten Endes zu ihrer wahren Nemesis führt.
Das Manga hat dafür drei oder vier Bände gebraucht, wobei die Story stark abgewandelt wurde und sich nur einzelner Handlungsstränge bedient. Hier wird alles in gut zwei Stunden abgehandelt, wodurch der Film insgesamt etwas gehetzt und episodenhaft wirkt. Über weite Strecken fragt man sich, wohin die Reise überhaupt gehen und auf welchen Aspekt der Geschichte man sich konzentrieren soll. Stellenweise ist das sehr spannend erzählt, die Action ist gelungen, das 3 D auch, aber so richtig warm wird man mit dem Film dennoch nicht.
Das liegt in erster Linie an der Hauptfigur, die so künstlich und animiert aussieht, dass man sie permanent im falschen Film wähnt. Als hätte sich eine kulleräugige Disneyprinzessin in einen Martial Arts-Film verlaufen. Das passt zwar grundsätzlich zum künstlichen Look des Films, aber weniger zu den anderen, sehr menschlichen Darstellern, von denen man lediglich Jennifer Connelly ausnehmen muss, die wie immer roboterhafter agiert als jeder Cyborg. Im Gegenteil, Alita ist in ihrer Emotionalität schon zu gefühlsbetont, als hätten ihre künstlichen Tränenkanäle eine Fehlfunktion. Man hat das Gefühl, das sie entweder ständig weint oder andere Cyborgs abschlachtet, dazwischen ist nur wenig Raum für differenzierte Emotionen.
Auch Christoph Waltz agiert äußert lustlos und erscheint als Wissenschaftler Ido, der nebenbei als Kopfgeldjäger Kriminelle zur Strecke bringt, völlig fehlbesetzt. Zumindest hätte man ihm aber eine andere Waffe als einen überdimensionierten Vorschlaghammer geben sollen, den er kaum heben kann. Eine Karriere als Actionheld sollte er besser nicht mehr anstreben.
Alles in allem lebt Alita: Battle Angel vor allem von seinen gut inszenierten Kampfszenen und dem permanenten Spektakel, das der Film zu bieten hat. Wem das reicht, der ist hier gut aufgehoben.
Note: 3-