Erinnerungen

Vielleicht liegt es am melancholischen Herbstlicht oder an den Madeleines, die ich gegessen habe (na ja, genau genommen waren es Kokosmakronen, aber der Effekt ist derselbe), dass ich an meine Kindheit denken musste. Hinzu kam, dass ich in einer E-Mail auf den Mitmach-Film Aschenbrödel und der gestiefelte Kater hingewiesen wurde, der in einem Monat startet und der mich zum Nachdenken darüber brachte, welche Filme ich als Kind gesehen und geliebt habe.

Bis ich sechs Jahre alt war, habe ich überhaupt nicht ferngesehen und bin auch nie im Kino gewesen. Vielleicht hielten meine Eltern es pädagogisch nicht für sinnvoll, vielleicht lag es aber auch an dem mangelnden Angebot. Heute werden ja schon Filme für Kleinkinder produziert, damals konnte man froh sein, wenn Disney-Klassiker wie Das Dschungelbuch, Aristocats oder Robin Hood wiederaufgeführt wurden.

Bezeichnenderweise kann ich mich nicht erinnern, welchen Film ich zuerst im Kino gesehen habe. Ich glaube, es war eine pädagogisch ungemein wertvolle Doku über Löwen, Nashörner und anderes Getier, die ich aber nur begrenzt spannend fand. Die oben genannten Trickfilme kamen erst später, und damals wurde mir dann klar, dass Kino richtig toll sein kann. Bis dahin hatte ich aber das Fernsehen entdeckt: Sesamstraße, Die Sendung mit der Maus und Zeichentrickserien wie Die Biene Maja, Sindbad, Wickie und die starken Männer und wie sie alle hießen. Besonders schön waren natürlich die tschechischen Märchenfilme über Meerjungfrauen, Hexen und Wassermänner oder Pan Tau oder die Filme der Augsburger Puppenkiste.

Das war in den späten Siebzigern, als das Kinosterben immer weiter um sich griff. Dafür gab es hin und wieder noch kommunales Kinderkino: Vorführungen von den alten Dudu- und Herbie-Klamotten im Hinterzimmer einer Kneipe (ausgerechnet), die uns Gören auf diese Weise an das vom Aussterben bedrohte Medium Kino heranführen sollten. Oder uns auf den Kauf von VW-Käfern bzw. dem Besuch von Kneipen in späteren Jahren vorbreiten sollten, schließlich waren die Sozialpädagogen jener Zeit recht experimentierfreudig.

So richtig begeistert war ich vom Kino erst 1984, als ich Die unendliche Geschichte gesehen habe. Aber das ist wieder eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden…

P.S. Welche Filme habt Ihr als Kind gesehen? Durch welchen Film wurde Eure Leidenschaft fürs Kino geweckt? Diskutiert im Forum

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.