1978 hat Halloween – Die Nacht des Grauens neue Maßstäbe für das Genre des Slasherfilms gesetzt, die danach wieder und wieder kopiert wurden, bis sie zu Klischees erstarrt sind und parodiert werden konnten. Pünktlich zum 40jährigen Jubiläum des Klassikers kam nun eine Fortsetzung in die Kinos, die ähnlich wie das Original einen großen Hype verursacht hat. Natürlich habe ich mir den Film angesehen …
Halloween
Michael Myers (Nick Castle) ist eine Legende unter den Serienmördern, weshalb sich seit 40 Jahren immer wieder Journalisten für seine Geschichte interessieren. Genau wie damals kommt es auch diesmal wieder in der Nacht von Halloween zu einem Ausbruch aus der psychiatrischen Anstalt, in der er seit Jahrzehnten sitzt, als Myers in eine andere Einrichtung verlegt werden soll, und erneut kehrt er in seine Heimatstadt Haddonfield zurück. Auch Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), die damals als einzige die Mordserie überlebt hat, lebt noch dort – und hat auf Michaels Rückkehr gewartet …
Irgendwann in den Neunzigern habe mir ich den Originalfilm sowie die erste Fortsetzung von 1981 auf Video angesehen und mich dabei ordentlich gegruselt. Beim Start von Halloween: Resurrection 2002 war ich sogar im Kino mit dabei, kann mich allerdings an recht wenig erinnern. Eines kann man aber mit Sicherheit sagen: Michael Myers ist buchstäblich einfach nicht totzukriegen.
Inhaltlich haben das Original und die jüngste Fortsetzung, die alle anderen Sequels komplett ignoriert, als würden diese in einem Paralleluniversen spielen, ziemlich viel gemeinsam. In beiden Filmen bricht Michael Myers aus einer Nervenheilanstalt aus und macht Jagd auf unschuldige Teenager, vor allem junge Mädchen, die als Babysitter arbeiten. Ein Mann mit festen Gewohnheiten. Wie 1978 Dr. Loomis (Donald Pleasence) gibt es mit Dr. Sartain (Haluk Bilginer) auch diesmal einen Psychiater, der besessen von seinem Patienten ist, und eine Frau, die sich ihm widersetzt.
Laurie haben die Ereignisse von vor 40 Jahren nie losgelassen. Schwer traumatisiert, hat sie ihr Haus in den Wäldern zu einer Festung ausgebaut und trainiert täglich an Schusswaffen, fest davon überzeugt, dass das Böse existiert und sie töten will. Dieses Leben hat zu einer Entfremdung von ihrer Tochter Karen (Judy Greer) geführt, die das ständige Schießtraining und die Geschichten vom Schwarzen Mann leid war. Immerhin versucht Lauries Enkelin (Andi Matichak), diese Kluft zu überbrücken und die beiden zu versöhnen.
Auch das ist eine klassische Geschichte: Laurie muss sich zuerst ihren schlimmsten Alpträumen stellen, um über das ihr in der Vergangenheit zugefügte Leid hinwegzukommen. Hardcore-Traumabewältigung. Und doch fragt man sich dabei unwillkürlich, warum sie nicht einfach aus der Stadt weggezogen ist und unter anderem Namen ein neues Leben begonnen hat. Lauries Leben ist ein einziger Alptraum, aus dem es kein Entrinnen gibt, und allein deshalb hat man Mitleid mit der Frau.
Zwei Dinge haben Michael Myers zur Ikone des Horrorfilms werden lassen, seine gruselige Maske, unter der das harmlose, menschliche Gesicht vollkommen verschwindet, und seine Weigerung, einfach zu sterben. Konsequent vermeidet Regisseur David Gordon Green, der auch am Drehbuch mitschrieb, das Gesicht Myers zu zeigen, meist wendet er den Kopf ab oder erscheint in der Unschärfe; erst wenn er wieder seine bekannte Maske trägt, wird er für uns deutlich sichtbar. Dahinter steckt natürlich die Absicht, ihn zum absoluten Bösen zu überhöhen.
Schon Carpenter hat Dr. Loomis sagen lassen, dass Michael Myers abgrundtief böse sei, für einen Psychiater eine bemerkenswerte Diagnose, die heute so nicht mehr stehenbleiben könnte. Aber auch 2018 werden – zum Glück – Einzelheiten über Myers Vergangenheit ausgespart, wir erfahren, was wir aus dem Original schon wissen, dass Michael mit sechs Jahren seine Schwester getötet hat, seine Motive, seine Lebensumstände werden jedoch nicht erhellt. Das Monster bleibt rätselhaft.
Dazu passt auch, dass Michael nicht sterben kann, egal wie oft man auf ihn einsticht, schießt oder ihn niederschlägt. Wie der Terminator steht er jedes Mal auf, sogar auf eine ähnlich maschinenhafte Art und Weise, und macht weiter, als folge er einer Programmierung. Die reinste Killermaschine. Plausibel wirkte das schon damals nicht und auch heute hat man als Zuschauer seine Probleme damit, aber wir kennen ja die Sehgewohnheiten mittlerweile so gut, dass wir diesen Umstand bereitwillig akzeptieren. Obwohl das Drehbuch insgesamt recht solide ist, gibt es doch ein, zwei wirklich üble Dialogsätze, bei denen man unfreiwillig lachen muss. Mein liebster lautet: „Ich bin Arzt – verbarrikadieren Sie Ihre Tür!“
Halloween erzählt absolut nichts Neues, sondern beschwört in einem netten, etwas verwaschenen Retrostil einen Klassiker aus der Vergangenheit herauf und löst somit nostalgische Angstgefühle aus. Man weiß, was in der nächsten Szene passieren wird, wo das Monster lauert und wann ein weiterer jump scare fällig ist – und lässt sich bereitwillig auf dieses Spiel ein. Vielleicht ist Nostalgie wirklich der Schlüssel zum Erfolg der Jubiläumsfortsetzung. Als älterer Zuschauer wird man daran erinnert, wie man sich früher – das erste Mal – vor Michael Myers erschreckt hat, als jüngerer Zuschauer geht man auf einen Trip in eine unbekannte Vergangenheit und kann sich gruseln wie die Eltern und Großeltern.
Insgesamt kann der Film mit seinem Hype nicht mithalten, erzählt aber ein recht spannendes, stellenweise schauriges Wiedersehen mit einer Ikone des Horrorgenres. Packend sind vor allem die letzten fünfzehn, zwanzig Minuten.