Es ist kalt geworden in Deutschland. Das meine ich jetzt nicht im übertragenen Sinn, sondern wortwörtlich. Kaum bin ich ein paar Tage verreist, um Strand und Sonne zu genießen, ein bisschen im Meer zu planschen und ansonsten nichts weiter zu tun, als Bücher zu lesen, zu schlemmen und zu schlafen, wird es hierzulande bitterkalt. Kein besonders schöner Empfang, muss ich sagen.
Aber das Jammern hilft ja nichts, außerdem gibt es kein schlechtes Wetter, sondern nur unzureichende Kleidung. Und wer keine Lust hat, der Kälte zu trotzen, kann sich auf dem heimischen Sofa auch mal einen Film anschauen. Hab ich auch so gemacht …
Der Wein und der Wind
Vor zehn Jahren war Jean (Pio Marmaï) aufgebrochen, um sein enges Zuhause auf einem Weingut in Burgund gegen die große, weite Welt einzutauschen, nun kehrt er zurück, weil sein Vater im Sterben liegt. Nach dessen Tod erbt er zusammen mit seinen Geschwistern Juliette (Ana Girardot) und Jérémie (François Civil) das Gut und muss sich fragen, ob er bleiben und es mit den beiden bewirtschaften will oder nicht. Während seine Schwester die Tradition weiterführen möchte, hat sein Bruder in eine wohlhabende Winzerfamilie eingeheiratet und hofft dort auf eine große Zukunft. Überraschenderweise fühlt sich Jean zu Hause wieder wohl, doch da ist auch noch Alicia (María Valverde), mit der er ein gemeinsames Kind und ein Weingut in Australien hat, wohin es ihn zurückzieht. Nur steckt seine Beziehung gerade in einer Krise…
Regisseur Cédric Klapisch entführt uns in die Welt des Weines, von der wir betörend schöne Bilder von efeuumrankten, uralten Weingütern und sanften Hügeln voll üppiger Weinstöcke vor Augen haben. Die Wahrheit sieht jedoch ganz anders aus und besteht vor allem aus harter Arbeit und einem Talent, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit bezüglich Ernte und Verarbeitung zu treffen, um einen großartigen Wein zu bekommen. Man lernt zwar nicht sehr viel darüber im Verlauf der Geschichte, bekommt aber einen ganz guten Einblick. Und wie immer ist es für einen absoluten Laien wie mich faszinierend zu sehen, wenn Leute bei der Verkostung von den sublimen Aromen schwärmen, die sie an Brombeeren oder Litschis erinnern.
Im Kern ist Der Wein und der Wind eine simple Familiengeschichte mit etlichen Rückblicken in die Kindheit der Protagonisten. Wir sehen einen liebevollen Vater, der seine Kinder an seine Leidenschaft für das Weinmachen heranführt, und folgen vor allem Jean, dem die Last, der Älteste zu sein, irgendwann zu viel wird. Die Landschaft, konstatiert er schon zu Beginn, sieht zwar jeden Tag anders aus, aber im Ablauf der Jahre ändert sich nicht viel.
Die einzelnen Geschichten der Geschwister sind eher undramatisch, fast schon banal. Juliette hat das Talent ihres Vaters geerbt, kann sich aber nicht richtig durchsetzen, wenn es um Entscheidungen geht. Jérémie leidet unter seinem herrischen Schwiegervater, der enttäuscht ist, dass er nicht den Gaumen hat, den man in diesem Geschäft dringend braucht. Im Mittelpunkt steht jedoch Jean, der übers Telefon versucht, seine Beziehung zu retten und seinen kleinen Sohn nicht zu verlieren. Irgendwann taucht Alicia dann sogar in Burgund auf, was der Geschichte immerhin mehr Dynamik verleiht.
Der Film plätschert ziemlich unaufgeregt und frei von Höhepunkten vor sich hin, das aber auf eine sehr angenehme Weise. Es ist ein bisschen wie eine Reise nach Burgund, wo man ein paar Weingüter besichtigt und etwas über die Herstellung von Rebensaft lernt. Zusammen mit französischem Käse und Rotwein ist das durchaus für einen gemütlichen Abend genug.
Note: 3