Heute gibt es einen Programmhinweis in eigener Sache. Am 1. November um 22 Uhr zeigt der NDR Jenseits des Spiegels, einen Mystery-Thriller, den ich gemeinsam mit meinem Freund und Kollegen Ingo Lechner geschrieben habe. Regisseur Nils Loof hat daraus einen feinen, kleinen Gruselfilm gemacht.
Jenseits des Spiegels
Julia (Julia Hartmann) zieht mit ihrem Mann Felix (Bernhard Piesk) auf den abgelegenen Hof ihrer Schwester, die sich hier das Leben genommen hat. Schon kurz nach ihrem Einzug bemerkt sie, dass etwas nicht stimmt, sie hört unheimliche Geräusche und hat eine seltsame Begegnung mit ihrer einzigen Nachbarin (Petra Kelling). Julia glaubt, ihre verstorbene Schwester versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen, und tatsächlich erhält sie von ihr eine Warnung, durch die sie ihren Sohn Niko (Oskar von Schönfels) vor dem Ertrinken retten kann. Es scheint, dass im nahen Wald etwas Böses lauert, das es auf ihre Familie abgesehen hat …
Zugegeben, die Ausgangsidee strotzt nicht gerade vor Originalität, aber im Horrorgenre ist es mittlerweile völlig unmöglich geworden, etwas zu erzählen, was nicht zuvor schon tausendmal behandelt worden ist. Die Kunst ist, die einzelnen Versatzstücke zu nehmen und neu anzuordnen, so dass sich ein anderer, eigener Blickwinkel auf die Welt und das Grauen ergibt.
Uns ging es in erster Linie darum, die Ängste einer Mutter um ihr Kind zu schildern, das von etwas bedroht wird, das so schwer fassbar, so fremdartig ist, dass sie nicht weiß, wie sie damit umgehen soll. Entsprechend war die Keimzelle der Geschichte auch der Gedanke: Was würdest du (als Mutter) tun, wenn dein Kind eines Tages nach Hause kommt und du glaubst, dass dies nicht mehr dein Kind ist? Diesen Gedanken haben wir mit (lokalen) Mythen verbunden, um dem Bösen wenigstens andeutungsweise ein Gesicht zu geben – allerdings eher auf Drängen von Produktion und Redaktion, denn ursprünglich sollte das Böse gesichtslos bleiben, eine diffuse, schwer greifbare Bedrohung, von der man nie weiß, ob sie nicht vielmehr ein Produkt der Einbildungskraft oder des – familiär bedingten – Wahnsinns ist. Sie sollte nicht mehr sein als ein vager Schatten im Dunkel des Waldes. Leider konnten wir uns damit nicht durchsetzen.
Offen gesagt, wir haben von Anfang nie damit gerechnet, diese Geschichte verkaufen zu können. Als Ingo Lechner mich anrief, um mir von der Grundidee zu erzählen, war ich zwar fasziniert, aber überzeugt, dass sie am Ende in der Schublade bleiben würde. Es hat aber sehr viel Spaß gemacht, mal einen Horrorfilm zu entwickeln, etwas, das in Deutschland so gut wie nie produziert wird. Tatsächlich gab es dann auch so gut wie keine Reaktion auf den Stoff. Einige Produzenten fanden die Geschichte zwar gut, wussten aber auch nicht, wo sie sie anbieten sollten.
Der Zufall wollte es, dass der NDR für seine Nordlichter-Reihe, in der Regietalente ihren ersten Film realisieren können, nach Mystery-Thrillern gesucht hat. Rike Steyer, eine befreundete Produzentin aus Hamburg, hat mit ihrer Skalar-Film den Stoff dann eingereicht, und es war der erste, den der NDR für die Reihe ausgewählt hat.
Das Schreiben des Drehbuchs und die Überarbeitungen waren bisweilen etwas mühsam. Mit jemandem zusammenzuarbeiten, der ein Faible für das Genre hat, ist eine Sache, wenn man es aber mit Redakteuren zu tun hat, die nach eigener Aussage nicht das geringste damit anfangen können, wird es … herausfordernd. Unsere Geschichte war zum Glück schon weit entwickelt und drehte sich nicht ausschließlich um das Übernatürliche, sondern behandelte auch Themen wie Schizophrenie, so dass mehr die psychologische Entwicklung der Figuren und weniger das übernatürliche Element im Zentrum unserer Diskussionen stand. Und letzten Endes hat unsere Redakteurin Dani Mussgiller uns vertraut, dass wir genug Ahnung vom Genre haben, um es angemessen bedienen zu können.
Dass die Idee ausgewählt wurde, hat sicherlich auch etwas damit zu tun gehabt, dass die Umsetzung perfekt zum bescheidenen Budget der Reihe gepasst hat. Es gab nur sehr wenige Schauplätze und vier Schauspieler.
Anfang des Jahres war die Premiere auf dem Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken. Dass der Film überhaupt dort lief, war für mich ein kleines Wunder, denn so recht passte er natürlich nicht in den Wettbewerb. Dass er dann so gut ankam, war ein noch größeres Wunder. Ich erinnere mich noch gut daran, dass manche Zuschauer(innen) vor Angst aufgeschrien oder sich die Jacke über den Kopf gezogen haben. Man muss aber berücksichtigen, dass diese Reaktion von Leuten stammt, die vermutlich noch nie einen richtigen Horrorfilm gesehen haben …
Regisseur Nils Loof hat jedenfalls einen fantastischen Job gemacht, und Kameramann Marius von Felbert hat die Geschichte in beklemmenden Bildern eingefangen. Wer sich ein bisschen gruseln mag, kann sie sich gerne ansehen – und mir im Forum sagen, was er davon hält.