Die Unglaublichen 2

Manchmal dauert es eben ein bisschen länger. Bei Mary Poppins hat es sogar über ein halbes Jahrhundert bis zum Sequel gedauert, da sind die 14 Jahren, die zwischen dem ersten und dem zweiten Teil von Die Unglaublichen liegen, fast schon zu vernachlässigen. Von der fast viermonatigen Verzögerung des Deutschland-Starts mal ganz zu schweigen. Aber jetzt haben die animierten Superhelden endlich auch bei uns das Licht der Leinwand erblickt, und Mark G. und ich haben uns den Film vergangenes Wochenende angesehen.

Interessant war für mich übrigens auch der recht berührende Kurzfilm Bao, der im Vorprogramm läuft und von einer Frau handelt, die eine emotionale Bindung zu einem chinesischen Hefekloß eingeht. Klingt seltsam, hat am Ende aber einen schönen Twist. Wie es der Küchengott so will, habe ich nur wenige Tage vor dem Kinobesuch selbst diese Hefeklöße, genannt Baozis, gekocht und nun gelernt, wie man sie am besten ausrollt und verschließt. Und da sage noch mal einer, im Kino lernt man nichts!

Die Unglaublichen 2

Im vergeblichen Kampf gegen einen Superschurken zerlegen die Parrs – Mr. Incredible, Elastigirl, Violet, Dash und das Baby Jack-Jack – eine halbe Großstadt. Da Superhelden nach wie vor illegal sind, stecken sie ganz schön in der Klemme, und zu allem Überfluss hat auch noch Violets Schwarm ihre wahre Identität entdeckt. Hilfe naht von Winston Deavor, einem exzentrischen Millionär und Fan von Superhelden, der alles daransetzt, diesen wieder zur Legalität zu verhelfen. Mit seiner Unterstützung und den Erfindungen seiner Schwester Evelyn soll Elastigirl Gutes tun und für positive PR sorgen – während ihr Mann sich um Haushalt und Kinder kümmert. Kein leichter Job für Mr. Incredible …

Der Film macht nahtlos dort weiter, wo wir die Incredibles vor 14 Jahren verlassen haben. Dadurch beginnt die Geschichte mit einem fulminanten Kampf gegen einen kriminellen Maulwurf-Mann, der in vielen anderen Filmen ein Showdown gewesen wäre. Ein toller Einstieg, durch den man schnell wieder mitten im Geschehen ist.

Sehr schön erzählt Brad Bird auch wieder, wie das Image des unbesiegbaren, mächtigen Superhelden im Kampf mit den Tücken des Alltags ramponiert wird. Mr. Incredible mag ja unglaublich stark und nahezu unverwundbar sein, wenn es um Windelwechseln, Mathe-Nachhilfe und die Liebesprobleme der Teenager-Tochter geht, ist er genauso hilflos wie wir Normalsterblichen. Auch leidet sein Ego darunter, dass seine Frau nun das Geld verdient und seine Rolle nur noch die des unterstützenden Partners ist, was er natürlich nicht zugeben will, schließlich ist er ja emanzipiert. Ein netter Kommentar zur Geschlechterdebatte.

Das alles ist gut erzählt und immer dann am witzigsten, wenn Baby Jack-Jack seine vielen Superkräfte demonstriert, sich mal in eine andere Dimension beamt, zu einem Monster mutiert oder Laserstrahlen mit den Augen verschießt. Dagegen kommt die eigentliche Geschichte, die von der Rehabilitation der Superhelden und einem Schurken namens Screenslaver handelt, der diese unbedingt verhindern will, leider nicht so richtig an. Screenslaver glaubt nämlich, dass die Menschen zu sehr auf die Technik und vor allem ihre Bildschirme fixiert sind und nicht mehr auf eigene Faust Abenteuer erleben wollen, sondern nur durch die Augen der Superhelden, weshalb er die Zivilisation von derartigem technischen Ballast befreien will. Das Mittel seiner Wahl ist eine Art Hypnose, was ihn zu einem medienkritischen Dr. Mabuse macht. Das ist nicht schlecht ausgedacht und kann man sogar als kleinen Seitenhieb auf die Inflation des Superheldenkinos verstehen, ist aber leider nicht übermäßig raffiniert umgesetzt. Selbst wenn man noch nie einen Film dieses Genres gesehen hat, kommt man sehr schnell dahinter, wer der Schurke ist.

Aber das ist nicht weiter schlimm, denn die Geschichte wird so rasant und unterhaltsam erzählt, dass man als Zuschauer auf seine Kosten kommt. Leider mangelt es der Story ein bisschen an Humor, der in zu kleinen Dosen verabreicht wird, und an der Frische, die der erste Teil hatte. Aber das liegt natürlich daran, dass es inzwischen so viele andere Superhelden gibt …

Insgesamt eine gelungene Fortsetzung und ein großer Spaß für die ganze Familie.

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.