Mitte letzter Woche waren Mark G. und ich auf der Einweihungsfeier des Cinestars in Augsburg. Ein sehr schönes und luxuriöses Kino, wie wir erfreut festgestellt haben, und vermutlich werden wir in Zukunft häufiger dort sein. Zur Eröffnung wurde auch ein Film präsentiert, der dieses Wochenende startet:
Ballon
1979 wollen Peter Strelzyk (Friedrich Mücke) und seine Frau Doris (Karoline Schuch) mit ihren Kindern aus der DDR fliehen. Peters Freund Günter Wetzel (David Kross) hat ihm dabei geholfen, einen Heißluftballon zu bauen, damit er, seine Frau Petra (Alicia von Ritterberg) und ihre Kinder mitkommen können. Doch Günter befürchtet, dass sie zu schwer für ihr Gefährt sind, und macht im letzten Moment einen Rückzieher. Tatsächlich kommt es zu einigen Problemen, und die Strelzyks stürzen wenige Meter vor der Grenze ab. Das ruft die Staatsmacht auf den Plan, die Oberstleutnant Seidel (Thomas Kretschmann) schickt, um die „Landesverräter“ zu finden und hinter Gitter zu bringen. Während ihr Verfolger immer näher rückt, versuchen die Strelzyks und Wetzels verzweifelt, einen zweiten Ballon zu bauen …
Ich war vielleicht zu jung damals, denn ich kann mich nicht mehr an die Geschichte erinnern, obwohl sie sicherlich monatelang durch die Presse ging. Die Aufmerksamkeit ging sogar so weit, dass Hollywood sich des Stoffs angenommen hat: Mit dem Wind nach Westen hieß der Film, den die Disney-Studios in den frühen Achtzigern in die Kinos brachten – allerdings mit überschaubarem Erfolg. Nun hat sich Michael Bully Herbig dieser bemerkenswerten Anekdote der deutsch-deutschen Geschichte angenommen.
Die DDR hat vier Jahrzehnte bestanden – und ist nun auch schon seit fast dreißig Jahren Geschichte. Wenn man die Bilder aus dem früheren Osten sieht, die parteiideologischen Reden hört, die Aktivitäten der Stasi beobachtet, ist es mittlerweile wie ein Blick in eine fremde, ferne Vergangenheit. Herbig gelingt es aber ziemlich gut, den bösen Geist jener Jahre wiederzubeleben. Gerade die Szenen, in denen die Strelzyks misstrauisch jedermann in ihrer Umgebung betrachten und sich fragen, ob einer oder mehrere von ihnen zu den Handlangern des Unrechtsstaates gehören, sind beklemmend gut gelungen.
Leider werden aber auch gerade diese Szenen etwas überdramatisiert, vor allem durch die Filmmusik von Ralf Wengenmayr, die häufig Bedrohung suggeriert, wo keine ist. Den Zuschauer solchermaßen an der Nase herumzuführen, ist zwar dramaturgisch durchaus legitim, wird aber ein paar Mal zu oft eingesetzt und kann dennoch nicht über die eine oder andere kleine Länge hinwegtäuschen. Darüber hinaus hat der Film solche Mätzchen überhaupt nicht nötig.
Vor allem im letzten Drittel, wenn sich die Situation zuspitzt und das Katz-und-Maus-Spiel immer gefährlicher wird, entsteht eine solche Spannung, dass man es kaum im Kinositz aushält. Hut ab vor der großartigen Regieleistung! Aber auch die Darsteller überzeugen auf ganzer Linie. Sicher, hier und da hätte man sich noch mehr Einblick in die Gedankenwelt der Strelzyks gewünscht, aber das sind Kleinigkeiten.
Insgesamt ein spannender, rundherum überzeugender Film über deutsche Geschichte.
Note: 2