Bone Tomahawk

Ich vermisse das Kino! Ich musste in den vergangenen Wochen so viel arbeiten, dass ich es leider nicht geschafft habe, mir einen Film auf der großen Leinwand anzusehen, und auch auf dem TV-Bildschirm habe ich mir in letzter Zeit eher Serien angeschaut. Shame on me.

Deshalb muss diese Woche alles anders werden, muss ich mindestens ein oder zwei Mal ins Kino gehen. Das Schöne ist, am Mittwoch eröffnet hier ein neues CineStar – und das gleich mit einem besonderen Schmankerl: Der Premierenfilm wird Ballon sein. Jetzt muss ich nur rechtzeitig von meinem Termin in München zurückkommen …

Ansonsten könnte es nämlich passieren, dass ich meine Blog-Beiträge für eine Weile auf Eis legen muss – denn mir gehen tatsächlich die Kritiken aus. Vier Stück sind noch übrig, drei davon so alt, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, wann ich die Filme gesehen habe – oder worum es in ihnen eigentlich ging. Insofern ist es vielleicht ganz gut, wenn ich mir noch einmal durchlese, was ich damals geschrieben habe. Den Beginn macht:

Bone Tomahawk

Irgendwo im wilden Westen: Zwei Gangster schänden auf der Flucht vor ihren Verfolgern einen indianischen Friedhof. Nur einer von ihnen, Purvis (David Arquette), entkommt und wird in der nächsten Kleinstadt von Sheriff Hunt (Kurt Russell) verhaftet. Weil er dabei angeschossen wird, kümmert sich Samantha (Lili Simmons) um Purvis, doch in der Nacht werden sie von Indianern entführt. Es stellt sich heraus, dass ihre Entführer zu einem obskuren Stamm gehören, der eine Vorliebe für Menschenfleisch hat, weshalb sich Samanthas Mann Arthur (Patrick Wilson), der Sheriff, Brodder (Matthew Fox) und Chicory (Richard Jenkins) auf die Suche nach ihnen machen.

Zwei unterschiedliche Genres, hier Western und Horrorfilm, miteinander zu kombinieren, kann gut gelingen und verleiht beiden im Bestfall frischen Wind. Es kann genauso gut aber auch schief gehen, wie man bei Cowboys and Aliens gesehen hat.

So ein richtiger Horrorfilm, wie die Werbung versprochen hat, ist Bone Tomahawk dann leider doch nicht. Kannibalen allein machen noch keinen Horrorfilm aus, auch wenn in diesem Fall einmal keine feierwütigen Teenager oder Familien auf Urlaubsreise zu ihren Opfern zählen. Im Grunde ist der Film also mehr ein etwas ungewöhnlicher Western, aber das ist nicht weiter schlimm.

Craig Zahler ist ein gelernter Kameramann, der sich dann dem Schreiben gewidmet hat und hier nun sein Regiedebüt abliefert. Das merkt man, denn das Tempo ist bisweilen sehr gemächlich, es fehlen – erstaunlich für einen Mann seiner ursprünglichen Profession – aber auch wichtige Einstellungen, etwa die Reaktionen auf bestimmte Handlungen. Gelegentlich wird auch ein Ereignis vorbereitet, gerät dann aber in Vergessenheit – so zum Beispiel ein Hinterhalt mit Dynamit, über den viel geredet wird, der dann aber nie passiert. Vielleicht hat auch das Budget nicht für die Explosion gereicht …

Immerhin machen die gestandenen Schauspieler so manche Schwäche des Drehbuchs wieder wett. Patrick Wilson kämpft sich mit gebrochenem Bein durch die Prärie, um seine Frau zu retten, und zeigt sich dabei in bester Heldenmanier. Kurt Russell gibt den integren Sheriff, der mit seinem Stellvertreter Richard Jenkins so manchmal seine liebe Not hat. Das alles ist solide gespielt, aber leider auch nicht sonderlich aufregend.

Die menschenfressenden Indianer spielen nur am Rande und ziemlich spät eine Rolle, nachdem man den Helden auf einem endlosen Ritt durch die Prärie gefolgt ist. Der Showdown hätte zwar ebenfalls etwas mehr Tempo und Action vertragen können, ist aber alles in allem recht ordentlich geraten.

Abgesehen von den genannten Schwächen ist es ein recht solider Film, nicht sehr aufregend, nicht ganz das, was man erwartet hat, und beileibe nichts, was man gesehen haben müsste. Aber wenn man gerade Lust auf einen Western mit einigen Anleihen beim Horrorfilm hat, kann man ihn sich ruhig anschauen.

Note: 4+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.