Ant-Man and the Wasp

Ich sollte mehr Filme schauen. Sicher, ich gehe häufiger ins Kino als der Durchschnittsdeutsche, habe aber dennoch ständig das Gefühl, etwas zu verpassen. Hereditary ist so ein Beispiel: Der Trailer hat mir nicht so sehr gefallen, dass ich den Film zum Start sehen wollte, aber die Kritiken waren gut, und der Film wurde auch von den Kinogängern ganz ordentlich bewertet. So etwas macht natürlich neugierig, aber bis ich endlich Zeit hatte, ins Kino zu gehen, lief er nur noch im Spätprogramm um 22:45 Uhr. Da hilft dann auch kein Literbecher Cola mehr, um mich daran zu hindern einzuschlafen.

Ein paar Filme habe ich dennoch in den letzten Wochen geschafft. Und im Kino war so angenehm kühl, dass ich ernsthaft über eine Doppelvorstellung nachgedacht habe …

Ant-Man and the Wasp

Nachdem er Captain America geholfen und damit gegen die neu erlassenen Gesetze zur Regulierung von Superkräften verstoßen hat, verbüßt Scott Lang alias Ant-Man (Paul Rudd) eine zweijährige Strafe in Form von Hausarrest. Er macht das Beste aus seiner Lage, kommt seiner Tochter näher und hält sich brav an die Auflagen. Das ändert sich, als er eines Tages eine Botschaft von Janet Van Dyne (Michelle Pfeiffer) empfängt, die vor dreißig Jahren im subatomaren Raum verschwunden ist. Scott hinterlässt ihrem Mann Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und ihrer Tochter Hope (Evangeline Lilly) eine Nachricht – und wird von ihnen daraufhin aus seinem Arrest entführt …

Es ist nicht leicht, ehrlich zu werden. Diese Erfahrung hat Scott bereits in seinem ersten Abenteuer als Ant-Man machen müssen, und es hat sich daran nichts geändert. Auch sonst hat sich im Marvel-Universum nicht sehr viel getan, die Avengers sind gespalten, einige auf der Flucht, business as usual eben. Auch Pym und seine Tochter sind untergetaucht, weil sie verbotene Technologien benutzt haben, und stehen nun auf der FBI-Liste der meistgesuchten Menschen. Allerdings verfolgen sie mit ihrer Arbeit ein hehres Ziel, denn sie wollen Janet retten, von der sie hoffen, dass sie irgendwie drei Jahrzehnte im Quantenraum überlebt hat.

Natürlich hilft Scott ihnen bei dieser Aufgabe, auch wenn es zuvor gilt, die alten Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen – und sich dabei noch einmal richtig zu zanken. Die ständigen Sticheleien zwischen Pym und Scott, die sexuellen Spannungen zwischen Ant-Man und The Wasp, zu der Hope inzwischen geworden ist, tragen viel zur Atmosphäre der Geschichte bei. Darüber hinaus lebt die Handlung wieder einmal vom verblüffenden, nie langweilig werdenden Wechsel zwischen Miniatur und Übergröße, was vor allem in den Kampfszenen geschickt eingesetzt wird.

Für Lacher sorgen aber auch der etwas übereifrige Michael Peña, der zusammen mit zwei schrägen Vögeln Scotts Geschäftspartner geworden ist. Und natürlich dürfen auch einige Bösewichter nicht fehlen. Der großartige Walton Goggins wirkt in seiner Rolle als gieriger Waffenhändler allerdings etwas unterfordert und gelangweilt und hat auch nicht viel zu tun. Interessanter ist hingegen die junge Ava alias Ghost (Hannah John-Kamen), die über verblüffende Fähigkeiten verfügt und ebenfalls die Kraft des Quantenraums nutzen will. Ihr Schicksal wird recht ansprechend geschildert, vermag aber trotz ordentlicher Einfälle nicht über die bekannten Comicfiguren-Klischees hinauszukommen.

Genau das ist auch das Problem des Films: Er wirkt, als hätte man das alles bereits tausendfach gesehen, und man hat es im Grunde auch, nur eben mit Spider-Man, den X-Men oder wie sie alle heißen: Der Held muss ein paar persönliche Probleme überwinden, einige Bösewichter ausschalten und nebenbei noch die Welt retten. Das geschieht zwar wieder recht humorvoll, doch all die Lockerheit und die netten Details am Rande können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Macher sehr wenig zu erzählen haben.

Erst im letzten Drittel, wenn es zum finalen Kampf kommt und alle Fäden zusammenlaufen, gewinnt die Geschichte an Tempo. Es gibt spannende Verfolgungsjagden, gut choreografierte und effektgeladene Kämpfe und ein Ende, das zum aktuellen Stand im Marvel-Universum aufschließt.

Nicht so launig wie der Vorgänger, aber trotz einiger Längen ganz unterhaltsam.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.