So, da bin ich wieder. Die letzten beiden Wochen waren vor allem eins: verdammt heiß. Die Deutschen jammern ja gerne über das Wetter, aber selten schimpfen sie darüber, dass zu heiß ist. Als ich trotz der hohen Temperaturen vorvergangenes Wochenende einen Ausflug zu einem Volksfest gemacht habe, herrschte dort am Nachmittag gähnende Leere. Sogar die Stadt wirkte so ausgestorben wie in einem Endzeitthriller. Die Schausteller machten jedenfalls lange Gesichter, die Karussells drehten sich auch für die wenigen Kinder, die ihre Eltern zu einem Abstecher auf den Rummel überreden konnten, und aus dem Lautsprecher plärrte ein Evergreen: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“. Da hat wohl jemand Sinn für Ironie.
Bis dieser Sommer zu Ende geht, wird es wohl noch eine Weile dauern, und Warten kann – davon erzählt auch der Film, den ich heute vorstellen will – manchmal ganz schön nervenzehrend sein:
Sieben verdammt lange Tage
Nach dem Tod des Vaters verlangt seine Witwe (Jane Fonda) von ihren vier Kindern, Shiva zu sitzen. Bei dem jüdischen Trauerritual muss die Familie sieben Tage lang im selben Haus leben, was nicht so einfach ist bei so höchst unterschiedlichen Charakteren: Judd (Jason Bateman) hat seine Frau (Abigail Spencer) gerade beim Seitensprung mit seinem Boss erwischt und weiß nicht so recht, wie es in seinem Leben weitergehen soll. Sein Bruder Paul (Corey Stoll) und dessen Frau Annie (Kathryn Hahn) versuchen seit Jahren vergeblich, ein Kind zu bekommen, während Schwester Wendy (Tina Fey) ihren Ehemann mit ihrem Jugendfreund Horry (Timothy Olyphant) betrügt. Und Nesthäkchen Phillip (Adam Driver) hat eine Beziehung zu seiner wesentlich älteren Ex-Therapeutin (Connie Britton). Konflikte sind also vorprogrammiert…
Den Roman von Jonathan Tropper, dem Creator der sehenswerten Action-Serie Banshee, hatte ich schon mehrmals in der Hand, konnte mich aber nie dazu durchringen, ihn zu kaufen. Einerseits mag ich skurrile Familiengeschichten, andererseits schien mir die Geschichte nicht witzig genug zu sein. Durch die Verfilmung ist mir die Lektüre nun immerhin erspart geblieben.
Dabei könnte ich mir vorstellen, dass vieles, was im Film nur angerissen im Roman viel ausführlicher und dadurch befriedigender dargestellt wird. Gerade die Probleme der vier erwachsenen Kinder einerseits und ihrer frisch verwitweten Mutter andererseits werden etwas oberflächlich dargestellt, die dramatischen Verwicklungen kommen zu kurz, Konflikte werden eher angerissen als vertieft. Das ist bedauerlich, aber angesichts einer Laufzeit von gut hundert Minuten unvermeidlich.
Positiv muss man auf jeden Fall vermerken, dass Tropper, der auch das Drehbuch verfasste, keine seiner vielen Figuren vernachlässigt hat. Jede ist einzigartig in ihrem Wesen, manche ein wenig skurril, aber nie überdreht oder unglaubwürdig. Im Mittelpunkt steht ohnehin Judd, der die größten Probleme hat und an einem Scheideweg in seinem Leben steht: Mit Anfang vierzig verliert er seine Frau und seinen Job und sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Dass er nun gezwungen ist, wieder in sein Elternhaus zurückzukehren und auf sein vergangenes Leben zurückzublicken, ist klug eingefädelt. Auch seine Begegnung mit Penny (Rose Byrne), die einst in ihn verliebt war, die er jedoch verschmähte, ist schön geschildert und bringt eine kleine Love Story in eine Geschichte, die ansonsten von Trauer und Abschied handelt.
Es ist alles in allem ein bisschen zu viel, was der Film will, weshalb er nie sein wirkliches Potential entfalten kann. Alles bleibt oberflächlich und wenig dramatisch, aber die tolle Besetzung und die liebevoll gezeichneten Figuren können einige der Schwächen des Drehbuchs wieder wettmachen.
Insgesamt ein schöner, manchmal witziger, oft nachdenklich stimmender Film über eine ganz normale verrückte Familie.
Note: 3+