Solo – A Star Wars Story

Irgendwie ist meine Kritik zum aktuellen Star Wars-Abenteuer auf der Liste der zu veröffentlichenden Blog-Beiträge immer wieder nach hinten gerutscht. Ursprünglich wollte ich den Artikel bereits vor Wochen veröffentlichen, dachte aber dann, dass es ganz nett wäre, den Film ein zweites Mal zu sehen, um meine Meinung noch mal auf den Prüfstand zu stellen – immerhin wurde die Produktion ziemlich kontrovers aufgenommen. Leider bin ich bis jetzt nicht mehr dazu gekommen, und ich glaube auch nicht, dass ich es in den nächsten zwei Wochen schaffen werde, also gibt es heute die Kritik zu …

Solo – A Star Wars Story

Han Solo (Alden Ehrenreich) und seine Freundin Qi’ra (Emilia Clarke) fristen ihr Leben als Diebe für eine der vielen Verbrecherbanden, die die Galaxie unsicher machen, träumen aber davon, die Knechtschaft hinter sich zu lassen und das Weltall zu bereisen. Durch den Diebstahl einer kleinen Menge Coaxium, dem Treibstoff, der Hyperraumreisen ermöglicht, ist dieses Ziel zum Greifen nahe, doch Qi’ra wird auf der Flucht gefangen genommen und Han schwört sich, sie eines Tages zu befreien. Um dieses Ziel zu erreichen, verpflichtet er sich zunächst in der Imperiumsarmee, wird aber aus der Flugschule geworfen und fristet fortan ein Leben als Fußsoldat. Als er den Outlaw Tobias (Woody Harrelson) und seine Bande kennenlernt, die sich mit kleinen und größeren Diebstählen über Wasser halten, beschließt er, sich ihnen anzuschließen…

Die problematischen Dreharbeiten mit den Protesten der Drehbuchautoren Lawrence und Jonathan Kasdan, die sauer waren, weil die ursprünglichen Regisseure Phil Lord und Christoper Miller sich angeblich zu viele Freiheiten genommen haben, haben nicht nur für so viele Schlagzeilen gesorgt, dass diese den eigentlichen Film fast überschattet haben, sondern auch zu einem Wechsel auf dem Regiestuhl. Ron Howard hat schließlich das Ruder übernommen und rund siebzig Prozent des Films neu gedreht, was die Kosten erwartungsgemäß explodieren ließ. Wirtschaftlich gesehen, war ein Erfolg an den Kassen also von Anfang ungewiss, hinzu kam dann aber noch, dass der Film bei Publikum nicht so gut ankam wie seine Vorgänger. Erfolgreich ist die Produktion immer noch, aber nicht in dem Maße, das Disney gewohnt ist, und gemessen an seinen Entstehungskosten ist das Ergebnis sogar eine Katastrophe, die weitere Fortsetzungen fraglich macht.

Es wäre interessant, die andere Version zu sehen, um herauszufinden, wo Lord und Miller vom Script abgewichen sind, aber dies wird wohl nie passieren. Die offizielle, endgültige Version der Story, die nun in den Kinos läuft, ist zwar durchweg sehenswert, rasant inszeniert und macht eine Menge Spaß, wirkt aber auch etwas zu konventionell und streckenweise wie eine Pflichtübung. Wie auf einer Checkliste arbeitet sich der Film an den biografischen Eckpunkten der Figur Han Solo ab, erklärt, wie er zu seinem Partner Chewbacca (Joonas Suotamo) sowie zu seinem Raumschiff kommt und warum seine Beziehung zu Lando Calrissian (Donald Glover) so problematisch ist.

Leider kann sich der Film auch nicht so recht entscheiden, welches Genre er über das offensichtliche der Science Fiction hinaus bedienen will, er beginnt ein bisschen wie Oliver Twist, wird dann zu einem Gefängnisausbruchs-Drama, dann zu einem Kriegsfilm, einem Heist-Movie, bis er irgendwann Westernmotive aufgreift. Dadurch bleibt die Story sehr episodenhaft, was angesichts der vielen Einfälle und Verwicklungen aber nicht allzu negativ auffällt. Nicht alle Episoden sind gelungen, manche wirken etwas unbeholfen geschrieben, und auch der Showdown kann nicht richtig überzeugen, aber insgesamt bekommt man eine solide Geschichte für sein Geld.

Natürlich dürfen auch bestimmte Versatzstücke wie beispielsweise das Durchfliegen enger Spalten mit dem Raumschiff nicht fehlen, aber auch andere, bei den Fans beliebte Manierismen der Figuren, etwa die Neckereien zwischen Han und Chewie. Seltsamerweise fallen gerade letztere ziemlich mau aus, wie überhaupt der Humor in diesem Teil des Franchises viel zu kurz kommt. So ist die witzigste und beste Figur eindeutig der von Phoebe Waller-Bridge gespielte weibliche Android L3-37. Die restlichen Charaktere fallen dagegen stark ab, werden teilweise sogar grob vernachlässigt und ordnen sich allein der turbulenten Handlung unter. Für einen reinen Popcornfilm ist das natürlich völlig okay, hätte ihn aber andernfalls über den Durchschnitt hinausgehoben.

So liefert Disney ein weiteres, solides, wenn auch nicht besonders aufregendes Star Wars-Abenteuer ab, das zwar nicht den Zauber der ursprünglichen Trilogie heraufbeschwören kann (der dürfte wohl endgültig tot sein), den Zuschauer aber doch ziemlich gut unterhält. Mir hat der Film sogar etwas besser gefallen als seine drei direkten Vorgänger.

Note: 2

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.