Selbst ehemalige A-Regisseure haben es im neuen Hollywood schwer. In den letzten Jahren hatte man das Gefühl, dass nicht mehr die Schauspieler die eigentlichen Stars sind, sondern die Filme, insbesondere jene, deren Helden Kostüme tragen und schillernde Bösewichter jagen. Für diese Produktionen werden gerne junge, aufstrebende Regisseure ausgewählt, die sich vornehmlich im Independentbereich hervorgetan haben und nun im Popcornkino glänzen wollen, wo sie allerdings selten ihre Handschrift weiterentwickeln können, weil es nur um das Produkt geht, das sich möglichst wenig von den anderen Filmen des jeweiligen Franchises unterscheiden soll.
Neben den überteuren Tentpole-Produktionen und Filmen aus dem Low- und No-Budget-Bereich haben es Produktionen im mittleren Segment, die früher zu Hauf hergestellt wurden, immer schwerer, eine Finanzierung zu bekommen. Daher bleiben immer mehr Regisseure auf der Strecke, die früher einen Hit nach dem anderen gelandet haben. Einer davon ist Rob Reiner, den Mark G. sehr schätzt und der so unterschiedliche wie großartige Filme wie Harry und Sally, Misery oder Stand By Me gemacht hat. Seit einige Zeit läuft es aber nicht mehr rund, was zum einen sicherlich mit seinem fortgeschrittenen Alter zu tun hat, zum anderen natürlich auch mit der Stoffauswahl, aber eben auch mit den geänderten Produktionsbedingungen.
Auf Netflix habe ich kürzlich Verliebt und ausgeflippt entdeckt, einen seiner jüngeren Filme aus dem Jahr 2010, der einen hervorragenden IMDb-Wert besitzt.
Verliebt und ausgeflippt
Für Juli (Madeline Caroll) ist Liebe auf den ersten Blick, als Bryce (Callan McAuliffe) 1957 in das Haus gegenüber zieht. Der Achtjährige sieht das erwartungsgemäß etwas anders und empfindet das seltsame Mädchen, das gerne auf Bäume klettert und tagträumt, als lästig und anhänglich. Auch sechs Jahre später hat sich daran nicht viel geändert. Bryce versucht alles, um Juli loszuwerden, verletzt dabei auch ihre Gefühle und macht sich selbst lächerlich. Kaum ist Juli jedoch über ihn hinweg, bemerkt Bryce, dass sie eigentlich ein ganz patentes Mädchen ist …
Vor ungefähr dreißig Jahren lief in den USA und später auch bei uns die überaus populäre Serie Wunderbare Jahre, in der das Leben in einer amerikanischen Vorstadtsiedlung Ende der Sechziger nostalgisch verklärt wurde, ohne dabei die Umbrüche und den gesellschaftlichen Wandel jener Jahre aus den Augen zu verlieren. Verliebt und ausgeflippt schlägt ein wenig in dieselbe Kerbe, spielt zeitlich allerdings früher und vernachlässigt den sozialen Aspekt zugunsten einer niedlichen Liebesgeschichte zwischen Achtklässlern.
Das Interessante dabei ist, dass die Story aus beiden Perspektiven erzählt wird. Abwechselnd kommentieren Bryce und Juli das Geschehen, berichten von ihren Gefühlen – und kommen dabei zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Jede Geschichte hat eben zwei Seiten, und die Wahrheit liegt oftmals irgendwo dazwischen. Natürlich hat Juli als erste ihre Gefühle für Bryce sortiert und versteht nicht, warum sie von ihm immer zurückgewiesen wird. Umgekehrt muss der junge Mann erst einiges über das Leben lernen, bevor er erkennt, dass Juli nicht nervig, sondern aufgeschlossen, neugierig und äußerst gewitzt ist.
Der Film besitzt keine wirklichen Höhepunkte, sondern plätschert auf höchst unterhaltsame, unaufgeregte Weise vor sich hin. Man kann sich dabei gut an die eigene Jugend und die erste Liebe erinnern und ein Wiedersehen mit einigen bekannten Gesichtern feiern. Die angepassten, etwas engstirnigen Eltern von Bryce werden nämlich von Anthony Edwards und Rebecca DeMornay gespielt, sein Großvater von John Mahoney, während Julis unkonventionelle Eltern Aidan Quinn und Penelope Ann Miller sind.
Das alles macht Verliebt und ausgeflippt zu einem sehr angenehmen kleinen Film mit Wohlfühlcharakter, ein wenig gestrig in seiner Machart, aber gerade dadurch eine nette Abwechslung.
Note: 3